Berlin: Razzia bei Chialo-Angreifer

Polizei durchsucht fünf Wohnungen

  • dpa/nd
  • Lesedauer: 3 Min.
Spuren des Brandanschlags vom frühen Sonntagmorgen
Spuren des Brandanschlags vom frühen Sonntagmorgen

Eine Woche vor dem Jahrestag des Massakers islamistischer Extremisten in Israel ist die Berliner Polizei mit einer Razzia gegen Aktivisten der propalästinensischen Szene vorgegangen. Durchsucht wurde dabei am Montagmorgen auch die Wohnung eines 18-jährigen Mannes, der Mitte September bei der Wiedereröffnung eines Kulturzentrums einen Mikrofonständer in Richtung von Kultursenator Joe Chialo (CDU) geworfen und dabei eine Frau getroffen haben soll, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.

Insgesamt durchsuchte die Polizei Wohnungen von fünf Männern im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Gegen sie wird ermittelt wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Bei den Durchsuchungen in Friedrichshain, Britz, Gropiusstadt, Tegel und Schöneberg beschlagnahmte die Polizei Handys, Computer und andere Datenträger. Die Polizei war mit etwa 125 Beamten im Einsatz. Festnahmen gab es nicht.

Einer der Verdächtigen im Alter von 20 Jahren soll Teil einer Gruppe von etwa 150 Menschen gewesen sein, die am Abend des 11. Juli durch die Sonnenallee in Neukölln zog und verschiedene Gegenstände anzündete. Gegen einen 31-jährigen Mann wird in zwei Fällen wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Er soll im Internetportal Instagram einen Beitrag »mit dem Wunsch nach einer Rückkehr Adolf Hitlers und einen anderen Post mit dem Wunsch eines erneuten Holocaust kommentiert haben«, hieß es.

Ein inzwischen 40-jähriger Mann soll am 9. Oktober 2023 im Internet den Hamas-Angriff mit Forderungen nach der Beseitigung des Staates Israel kommentiert, die Terroristen der Hamas bewundert und das Massaker als Sieg auf dem Weg »zu einer islamischen Welt« bezeichnet haben.

Parallel kam es zu weiteren antisemitischen Vorfällen: Am Montagmorgen wollten propalästinensische Demonstranten eine Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zum Überfall auf Israel blockieren. Rund 20 Aktivisten setzten sich auf Stufen vor dem Eingang. Drei ketteten sich vor dem Haupteingang an, das Ablösen durch Experten der Polizei zog sich über Stunden hin.

Die Polizei räumte die Blockade und zog einige Demonstranten weg. Alle Teilnehmer wurden vorläufig festgenommen. Als Besucher der Veranstaltung angekündigt waren unter anderem der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg und Kultursenator Joe Chialo (beide CDU).

Bereits in der Nacht auf Sonntag kam es zu einem Brandanschlag auf eine linke Szenekneipe in Neukölln, in der in der Vergangenheit antisemitismuskritische Vorträge stattfanden. Ein Papierkorb an dem Wohnhaus, in dem die Kneipe liegt, wurde demnach angezündet. Zeitgleich wurden die Türschlösser der Kneipe verklebt und rote Dreiecke, ein Symbol der Hamas, an die Fassade gesprüht. Ein zufällig vorbeikommender Feuerwehrmann löschte das Feuer. Personen wurden nicht verletzt. Nach Angaben der Betreiber komme es seit längerer Zeit immer wieder zu antisemitischen Schmiereien an der Fassade der Kneipe. dpa/nd

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