Österreich: Immer wieder Donnerstag

Sarah Yolanda Koss über den rechten Wahlerfolg in Österreich

Ein Mann trägt vor dem Bundeskanzleramt eine übergroße Maske, die Alexander Van Der Bellen, Bundespräsident von Österreich darstellt, und hält einen Papierkorb, in dem ein Hakenkreuz steckt.
Ein Mann trägt vor dem Bundeskanzleramt eine übergroße Maske, die Alexander Van Der Bellen, Bundespräsident von Österreich darstellt, und hält einen Papierkorb, in dem ein Hakenkreuz steckt.

»Ein Land, das durch Erfahrung immer dümmer wird«, schoss mir Sonntagabend durch den Kopf. Es ist auch wirklich ein klassisches Trauerspiel, wie lernresistent Österreich in Bezug auf Rechtsextremismus ist. Viermal saß die rechte FPÖ bereits in der Regierung, niemals hielt eine Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode – die letzte endete in einem »kleinen Skandal« auf Ibiza. Ein Regierungsrücktritt und fünf Jahre später befindet sich das Alpenland wieder am selben Punkt. Nur ist heute alles noch schlimmer.

Denn erstens ist die Partei des selbsternannten »Volkskanzlers« Herbert Kickl neuerdings stimmenstärkste. Zweitens wählte das Land dieses Mal bewusst eine Partei, die ihren Rechtsextremismus nur pro forma negierte – noch am Freitag vor den Wahlen besangen FPÖ-Spitzenkandidaten mit einem Waffen-SS-Lied das »heilige deutsche Reich«. Kaum noch ein Skandal, so weit zogen die sogenannten »Blauen« das Parteienspektrum schon nach rechts. Und drittens steht mit Kickl, anstelle eines machthungrigen Egozentrikers, ein Parteistratege an der Spitze der Rechten. Er plant die im Wahlprogramm erklärten Ziele umzusetzen – sei es die Dezimierung der Medienlandschaft, der Migrationsstopp oder, apropos Lernresistenz, die Einführung eines Spitzelsystems gegen linke Lehrkräfte.

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Das einzig Positive: Auch die Zivilgesellschaft hat inzwischen Erfahrung mit den dunkelblauen Wolken am Horizont. Petitionen und Einladungen zu Donnerstagsdemos, einem Relikt der Proteste gegen die erste konservativ-rechte Regierung zu Beginn der 2000er, machen schon die Runde. Auf die traditionelle Selbstzerlegung der Rechten darf die österreichische Linke diesmal nicht hoffen.

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