- Kommentare
- Wahlerfolg der FPÖ
Österreich: Immer wieder Donnerstag
Sarah Yolanda Koss über den rechten Wahlerfolg in Österreich
»Ein Land, das durch Erfahrung immer dümmer wird«, schoss mir Sonntagabend durch den Kopf. Es ist auch wirklich ein klassisches Trauerspiel, wie lernresistent Österreich in Bezug auf Rechtsextremismus ist. Viermal saß die rechte FPÖ bereits in der Regierung, niemals hielt eine Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode – die letzte endete in einem »kleinen Skandal« auf Ibiza. Ein Regierungsrücktritt und fünf Jahre später befindet sich das Alpenland wieder am selben Punkt. Nur ist heute alles noch schlimmer.
Denn erstens ist die Partei des selbsternannten »Volkskanzlers« Herbert Kickl neuerdings stimmenstärkste. Zweitens wählte das Land dieses Mal bewusst eine Partei, die ihren Rechtsextremismus nur pro forma negierte – noch am Freitag vor den Wahlen besangen FPÖ-Spitzenkandidaten mit einem Waffen-SS-Lied das »heilige deutsche Reich«. Kaum noch ein Skandal, so weit zogen die sogenannten »Blauen« das Parteienspektrum schon nach rechts. Und drittens steht mit Kickl, anstelle eines machthungrigen Egozentrikers, ein Parteistratege an der Spitze der Rechten. Er plant die im Wahlprogramm erklärten Ziele umzusetzen – sei es die Dezimierung der Medienlandschaft, der Migrationsstopp oder, apropos Lernresistenz, die Einführung eines Spitzelsystems gegen linke Lehrkräfte.
Lesen Sie auch: Die KPÖ hatte erstmals seit 65 Jahren Chancen auf den Einzug ins österreichische Parlament – und scheiterte. Ein Gespräch über die Hintergründe.
Das einzig Positive: Auch die Zivilgesellschaft hat inzwischen Erfahrung mit den dunkelblauen Wolken am Horizont. Petitionen und Einladungen zu Donnerstagsdemos, einem Relikt der Proteste gegen die erste konservativ-rechte Regierung zu Beginn der 2000er, machen schon die Runde. Auf die traditionelle Selbstzerlegung der Rechten darf die österreichische Linke diesmal nicht hoffen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.