US-Hafenarbeiter beenden Streiks

Vorläufige Einigung mit Unternehmerverband im Streit über deutliche Lohnerhöhungen und Jobgarantie

  • Julie Chabanas und John Biers
  • Lesedauer: 3 Min.
Protestaktion im Hafen von Newark mit dem Gewerkschaftschef Harold J. Daggett (M.)
Protestaktion im Hafen von Newark mit dem Gewerkschaftschef Harold J. Daggett (M.)

Nach einer vorläufigen Einigung mit den Arbeitgebern kehren die US-Hafenarbeiter an der Ost- und Golfküste nach drei Tagen Streik an die Arbeit zurück. Die Gewerkschaft International Longshoremen’s Association (ILA) und der Reeder- und Hafenbetreiberverband USMX hätten »eine vorläufige Einigung über die Löhne erzielt«, hieß es am Donnerstagabend (Ortszeit) in einer gemeinsamen Erklärung. Der Rahmenvertrag werde bis Mitte Januar verlängert, »um dann an den Verhandlungstisch zurückzukehren und alle anderen offenen Fragen zu verhandeln«.

»Mit sofortiger Wirkung« würden alle Aktionen eingestellt und »alle Arbeiten, die unter den Rahmenvertrag fallen, wieder aufgenommen«, hieß es weiter. Es wurden keine näheren Angaben zu den Bedingungen der Einigung gemacht. Das »Wall Street Journal« berichtete in Berufung auf Verhandlungskreise, die Arbeitgeberseite habe eine Gehaltserhöhung von 62 Prozent über sechs Jahre vorgeschlagen – was zur vorläufigen Einigung geführt habe.

Am Dienstag hatten rund 45 000 in der ILA organisierte Hafenarbeiter ihre Arbeit niedergelegt, nachdem es nicht gelungen war, mit dem USMX eine Tarifeinigung zu erzielen. Die Gewerkschaft verlangte neben deutlichen Lohnerhöhungen auch Absicherungen für die Beschäftigten gegen einen Jobverlust durch die zunehmende Automatisierung der Arbeitsabläufe. Medienberichten zufolge fordert die Gewerkschaft eine 77-prozentige Gehaltserhöhung über einen Zeitraum von sechs Jahren. Seit 1977 hatte die ILA keinen Streik mehr angesetzt. Laut Gewerkschaft waren 36 Häfen von Maine im Nordosten der USA bis zum südlichen Bundesstaat Texas, in denen etliche Güter von Lebensmitteln bis zu Elektroartikeln umgeschlagen werden, durch den Arbeitskampf lahmgelegt. Betroffen war unter anderem die großen Häfen in New York, New Jersey, Boston, Philadelphia und Houston.

US-Präsident Joe Biden war unter Druck geraten, in die Verhandlungen einzugreifen, um Häfen offenzuhalten. Biden, eher ein Verbündeter der organisierten Arbeitnehmerschaft, schloss dies mit dem Hinweis auf die Wahrung des Tarifverhandlungsrechts aus. Hingegen warb Verkehrsminister Pete Buttigieg für eine rasche Beendigung des Streiks durch konstruktive Verhandlungen. Aus seiner Sicht seien Arbeitgeber und Arbeitnehmer »nicht so weit voneinander entfernt, wie sie denken mögen«, sagte er am Mittwoch dem Sender CNBC. Buttigieg mahnte ein Entgegenkommen der Schiffseigner an. Diese hätten zuletzt »unglaubliche Gewinne« eingefahren und müssten nun davon abgeben.

Präsident Biden begrüßte die Einigung am Donnerstagabend. »Ich möchte den Gewerkschaftern, den Spediteuren und den Hafenbetreibern dafür danken, dass sie patriotisch gehandelt haben, um unsere Häfen wieder zu öffnen und die Verfügbarkeit wichtiger Güter für die Erholung und den Wiederaufbau nach dem Hurrikan ›Helene‹ sicherzustellen«, erklärte der Demokrat. »Tarifverhandlungen funktionieren, und sie sind entscheidend für den Aufbau einer stärkeren Wirtschaft von der Mitte aus und von unten nach oben.«

Der Streik der Hafenarbeiter wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl beeinträchtigte den Außenhandel und hätte die Wirtschaft des Landes wöchentlich mehrere Milliarden Dollar kosten können. Gewarnt wurde zudem vor Preiserhöhungen »zu einer Zeit, in der Verbraucher und Unternehmen beginnen, sich von der Inflation zu erholen«, wie es Erin McLaughlin, Chefökonomin beim Thinktank Conference Board, ausdrückte.

Mehrere der betroffenen Häfen liegen zudem in den Gebieten, die seit vergangener Woche durch den Sturm »Helene« verwüstet worden waren. Der Gouverneur des stark betroffenen Bundesstaates South Carolina, Henry McMaster, und der South Carolina vertretende US-Senator Lindsey Graham, beide Republikaner, hatten Biden aufgefordert, seine Neutralität in dem Tarifstreit angesichts der verheerenden Folgen des Sturms »Helene« auf South Carolina und andere Bundesstaaten aufzugeben. AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -