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Musikschulen in Brandenburg: In Ruhe laut sein
Petition fordert vom Land Brandenburg zusätzlich 20 Millionen Euro pro Jahr für seine Musik- und Kunstschulen
Um von den Musikschulen Lehrer für den regulären Musikunterricht abzuwerben, habe sich das Potsdamer Bildungsministerium einen durchaus zutreffenden Werbespruch ausgedacht, beklagt die ehemalige Landtagsabgeordnete Gerrit Große (Linke). Sie ist inzwischen Vorsitzende des Verbandes der Musik- und Kunstschulen in Brandenburg (VdMK). Der Spruch laute: »Bei uns klingt auch das Gehalt gut.«
Gerrit Große kennt sich aus. Von Beruf ist die 70-Jährige Lehrerin für Musik, Deutsch und Darstellendes Spiel. Musiklehrer werden in Brandenburg in die Besoldungsstufe A13 eingestuft, festangestellte Musikschullehrer nur in die Entgeltgruppe 9. Wer wechselt, verdiene netto rund 1000 Euro mehr im Monat und könne familienfreundlich früh unterrichten und nicht immer nur nachmittags, weiß Große. Allerdings sei die Tätigkeit an einer Musikschule entspannter und viele der Kollegen dort haben auch den Ehrgeiz, Talente zu entdecken und zu fördern. »Sonst würden uns jetzt alle weglaufen«, erläutert die VdMK-Vorsitzende. »Aber etliche tun es doch.«
Was das Bildungsministerium nicht zu begreifen scheine: Zeitversetzt würden die Musiklehrer noch knapper werden, wenn die Musikschulen personell ausbluten. Denn da lernten die künftigen Musiklehrer schließlich, ein Instrument zu spielen. Anders könnten sie die Aufnahmeprüfung fürs Studium nicht schaffen. Dazu komme, dass in Brandenburg wie auch in Berlin überhaupt nur 30 Prozent der Musikschullehrer fest angestellt sind. Die übrigen seien Honorarkräfte, die je nach Kassenlage und Engagement der Kommunen recht unterschiedlich bezahlt werden. Manche Kommune gehe da an ihr Limit, berichtet Gerrit Große.
Das Land schießt jährlich sieben Millionen Euro zu und trägt damit 18 Prozent der Kosten. Rund 50 Prozent übernehmen die Kommunen. Das sind in der Regel die Landkreise, aber manchmal auch Städte wie Schwedt und Hennigsdorf, die sich eigene Musikschulen leisten. Der Rest der zum Unterhalt notwendigen Summen muss durch die Gebühren der Eltern hereinkommen. Eine Einzelstunde koste sie durchschnittlich 60 bis 70 Euro, es gebe aber auch Gruppenunterricht, erläutert Gerrit Große.
»Sonst würden uns jetzt alle weglaufen.«
Gerrit Große Verbandsvorsitzende
1400 Pädagogen sind an den Musik- und Kunstschulen des Bundeslandes beschäftigt – und jetzt schwebt über ihnen wie ein Damokles-Schwert das sogenannte Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts. Es hat zur Folge, dass bundesweit Honorarkräfte von Musikschulen fest angestellt werden müssen. Bayern hat gar keine Honorarkräfte, dafür Hessen fast ausschließlich. Betroffen sind genauso die Volkshochschulen.
Für die Musikschulpädagogen hört es sich erst einmal gut an. Sie wären sozial besser abgesichert. Doch wenn Land und Kommunen nicht mehr Geld für die Musikschulen lockermachen, drohen eine Explosion der Gebühren oder eine starke Einschränkung des Angebots, weil für dasselbe Geld weniger Pädagogen bezahlt werden können. Der VdMK fordert vom Kulturministerium 20 Millionen Euro zusätzlich für die Musik- und Kunstschulen. Nachdem die Kommunen alle Honorarkräfte fest angestellt haben, würde diese Summe dann ausreichen, alle Musikschullehrer künftig auch so gut zu bezahlen wie die Musiklehrer, rechnet Gerrit Große vor. Ein Teil des Geldes sei für die Förderung von Talenten bestimmt, die es ins Bundesfinale des Wettbewerbs »Jugend musiziert« schaffen. Außerdem könnten neue Kunstschulen finanziert werden. Gegenwärtig gibt es in Brandenburg lediglich elf dieser Kunstschulen, an denen gemalt und gezeichnet, aber auch getanzt und Theater gespielt wird.
Für dieses Anliegen läuft eine am 2. Juli gestartete Petition, die bisher online von mehr 3000 Personen unterzeichnet wurde. 8600 Unterschriften werden mindestens benötigt. »Lasst uns doch in Ruhe laut sein!«, so heißt die Initiative für eine faire Vergütung und eine auskömmliche Finanzierung der Musik- und Kunstschulen. Brandenburg soll bitte mal den Ton angeben.
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Die Zeit drängt. Denn vorerst nur noch bis zum 15. Oktober gebe es eine Art Stillhalte-Abkommen mit der Rentenversicherung, erläutert Große. Wenn die Versicherung danach bei ihren Prüfungen auf Honorarverträge stößt, die eine Selbstständigkeit der Betroffenen nur vortäuschen, könnten Sozialbeiträge nachgefordert werden – im schlimmsten Fall für bis zu 30 Jahre rückwirkend.
Wie ungerecht die Behandlung ist, zeigt sich für die Verbandsvorsitzende auch bei dem an sich hervorragenden und einzigartigen Projekt »Klasse Musik«. 300 solcher Schulklassen gebe es in Brandenburg – und es gebe eine lange Warteliste für weitere Klassen dieser Art. Statt zwei Stunden Musikunterricht haben diese Klassen pro Woche drei Stunden und alle Schüler lernen ein Instrument. Es werde auch keiner weggeschickt, und wenn er noch so falsch spiele. Die Anschaffung der notwendigen Instrumente werde übrigens mit noch übrigen Geldern der DDR-Parteien und -Massenorganisationen finanziert. Einmal im Jahr proben die Schüler vier, fünf Tage lang im Schloss Boitzenburg. Dann geben sie in der Potsdamer MBS-Arena ein Konzert. »Wir haben auch Percussion-Klassen. Da brennt die Luft«, ist Große begeistert. Weniger erfreut ist sie, dass in solchen Klassen immer ein Musiklehrer und ein Musikschullehrer im Tandem unterrichten und der Musikschullehrer dabei für dieselbe Tätigkeit schlechter bezahlt wird.
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