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Globale Schädigung der Wälder
Internationaler Bericht weist auf zunehmende Abholzung und Degradation hin
Entgegen internationaler Verpflichtungen nimmt die Entwaldung weltweit weiter zu. Im vergangenen Jahr erreichte sie eine Fläche von 6,37 Millionen Hektar, was etwa 9,1 Millionen Fußballfeldern entspricht. Dies geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht des Forest Declaration Assessments hervor. Hier arbeiten mehr als zwei Dutzend Umweltgruppen und Forschungsgesellschaften aus aller Welt zusammen, um den Zustand der Wälder und die Maßnahmen zur Eindämmung der Waldschädigung zu analysieren.
»Der Verlust von Primärwäldern, die Walddegradation und die zunehmenden Waldbrände bedrohen weiterhin Lebensraum, Menschen und Klima«, schreiben die Autoren. Die Welt sei 45 Prozent vom erklärten Ziel entfernt ist, die Entwaldung bis zum Ende des Jahrzehnts zu stoppen. Der Bericht mit dem Titel »Forests on fire« dient der Vorbereitung der Weltartenschutzkonferenz in Cali (Kolumbien) Ende des Monats. Die Botschaft ist klar: »Die Entwaldung hat sich seit Beginn des Jahrzehnts nicht verbessert, sondern verschlimmert«, sagt Ivan Palmegiani, Hauptautor der Studie. »Wir sind nur noch sechs Jahre von einer entscheidenden Frist zur Beendigung der Entwaldung entfernt, und die Wälder werden weiterhin in alarmierendem Tempo abgeholzt, geschädigt und in Brand gesetzt.«
Gerade die tropischen Regenwälder in Asien, Lateinamerika und Afrika sind für die Speicherung von Kohlenstoff und den Schutz der biologischen Vielfalt unerlässlich. Dennoch gingen laut der Untersuchung seit Beginn des Jahrzehnts hier weitere 3,7 Millionen Hektar verloren. Damit lägen die Bemühungen zum Schutz dieser Primärwälder um 38 Prozent hinter den Erwartungen zurück. Außerdem stellen Brände eine erhebliche Bedrohung dar. Seit 2001 sind 138 Millionen Hektar Waldfläche durch Feuer verloren gegangen, was teilweise auf Abholzung für die Landwirtschaft zurückzuführen ist. Darüber hinaus verschärft der Ansturm auf wichtige Mineralien die Menschenrechtsproblematik, wie tödliche Angriffe auf Umweltschützer zeigen. Laut den Autoren ist es dringend nötig, indigene und lokale Gemeinschaften besser zu schützen, da diese in »Schlüsselgebieten für die biologische Vielfalt« eine entscheidende Rolle beim Schutz der Wälder spielen.
Besonders massiv ist die Zerstörung in Indonesien. Hier hat die Entwaldung bis 2023 um 57 Prozent zugenommen, womit die nationalen Ziele um 82 Prozent verfehlt wurden. Die steigende Nachfrage nach Nickel, das für Elektroauto-Batterien benötigt wird, sowie das Wachstum von Agrarplantagen gehören zu den Ursachen. In Bolivien, sogar 98 Prozent von seinen Zielen entfernt, dringen immer neue Farmen für die Produktion von Soja, Rindfleisch und Palmöl in die Wälder vor. Im Gegensatz dazu hat Brasilien laut den Autoren einige positive Veränderungen zu verzeichnen. Obwohl es nach wie vor das am stärksten entwaldete Land der Welt ist, ging die Entwaldung zumindest im Amazonasgebiet zuletzt zurück.
Als Gründe für mangelhafte Fotschritte nennt der Bericht, dass »die Länder versuchen, ihre auf der Gewinnung natürlicher Ressourcen und einem immer höheren Verbrauch basierenden Volkswirtschaften zu stützen«. Die anhaltende Abhängigkeit von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen verstärke den Druck auf die Wälder, da der Bergbau immer weiter ausgebaut wird. Die Umstellung auf erneuerbare Energien sei für den Kampf gegen den Klimawandel zwar von entscheidender Bedeutung, der Übergang dürfe aber nicht auf Kosten der Waldökosysteme erfolgen, so die Autoren. Der Abbau benötigter Mineralien wie Lithium, Kobalt und Nickel führe oft zur Zerstörung von Lebensräumen, Wasserverschmutzung und zum Verlust der Artenvielfalt. Daher brauche es eine Politik, die eine Kreislaufwirtschaft fördert und Anreize für Systeme zur Rückgewinnung und Wiederverwertung setzt.
Auch in Deutschland ist die Lage alles andere als gut, wie aus der ebenfalls am Dienstag vorgestellten neuen Bundeswaldinventur hervorgeht. Wegen klimabedingter Schäden gibt der Wald, der ein Drittel der Fläche bedeckt, inzwischen mehr Kohlenstoff ab, als er aufnehmen kann. Der Wald sei zu einer »Kohlenstoffquelle« geworden, sagte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Allerdings komme der Umbau hin zu Mischwäldern voran, die stabiler in einem veränderten Klima seien.
Von einer »verheerenden Bilanz« spricht Susanne Winter vom WWF Deutschland. »Wir überfrachten den Wald mit Aufgaben und plündern ihn aus. Nun haben wir es amtlich: Der Wald fällt als Klimaschützer aus.« Auch stagniere der Holzzuwachs, womit sich die deutsche Forstwirtschaft von ihrem Nachhaltigkeitsversprechen entferne. Insbesondere in Großprivatwäldern scheine der notwendige Waldumbau nicht ausreichend zu erfolgen. »Wir brauchen ein radikales Gesundheitsprogramm für unsere Wälder«, fordert Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Es brauche mehr Schutz, eine naturverträgliche Bewirtschaftung sowie klare bundeseinheitliche Vorgaben durch die Politik.
International befindet sich Deutschland in schlechter Gesellschaft. Während Entwaldung zu 98 Prozent in tropischen Gebieten stattfindet, kommt es laut dem Forest Declaration Assessment auch in Industriestaaten zu »Verschlechterungen« durch Holzeinschlag, Straßenbau und Brände. Zuletzt waren 62,6 Millionen Hektar Wald in Mitleidenschaft gezogen, was etwa der doppelten Größe Deutschlands entspricht. Dies gibt laut den Autoren »Anlass zur Sorge über die Fähigkeit der Wälder, wichtige Ökosystemfunktionen zu erhalten«.
Politisch ist also viel zu tun, doch in wichtigen Ländern sieht es derzeit schlecht aus. China hat zwar Gesetze überarbeitet, um die ökologische Wiederherstellung der Wälder zu stärken. Allerdings nehmen Chinas Bergbauaktivitäten im tropischen Afrika und Asien zu, mit ganz anderen Umweltpraktiken. In der EU wiederum könnte der Rechtsrutsch bei den Europawahlen den Green New Deal schwächen, der Maßnahmen zur Verringerung der mit dem EU-Verbrauch verbundenen Entwaldung vorsieht. Und auch in den USA könnte nach den Präsidentschaftswahlen die Gesetzgebung zur Eindämmung der Abholzung in Gefahr geraten.
»Die Entwaldung hat sich seit Beginn des Jahrzehnts nicht verbessert, sondern verschlimmert.«
Ivan Palmegiani Hauptautor der Studie
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