Keinerlei Privatsphäre für Geflüchtete

Niedersachsen: Unterbringung Geflüchteter kritisiert

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.
Außenstelle der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in der Halle 27 der Messe Hannover. Die Unterbringungsbedingungen dort werden vom Flüchtlingsrat besonders kritisiert.
Außenstelle der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in der Halle 27 der Messe Hannover. Die Unterbringungsbedingungen dort werden vom Flüchtlingsrat besonders kritisiert.

Monatelang müssen Geflüchtete in Niedersachsen unter unzumutbaren Bedingungen in großen Notunterkünften ausharren. Der Flüchtlingsrat des Landes hat gegen die herrschenden Zustände protestiert und die Landesregierung aufgefordert, alle Schutzsuchenden menschenwürdig unterzubringen. Die Situation sei für die Betroffenen extrem belastend. Derzeit müssten Menschen bis zu neun Monate in Massenunterkünften ausharren.

Der Verein fordert, die Dauer des Aufenthalts in solchen Quartieren auf höchstens zwei Wochen zu begrenzen und die dort lebenden Menschen dann in kommunale Wohngelegenheiten zu vermitteln. Auch müsse sichergestellt sein, dass Kranke, Alte, Schwangere, Kinder und Traumatisierte grundsätzlich nicht in Notunterkünften untergebracht werden.

Als besonders dramatisch sieht der Flüchtlingsrat die Bedingungen in den Messehallen von Hannover an, die die Landesaufnahmestelle für Geflüchtete bereits seit März 2022 mit kurzen Unterbrechungen als Außenstelle nutzt. Nach Angaben der Behörde sind dort zurzeit 1138 Menschen untergebracht.

Die Vorstandsvorsitzende des Flüchtlingsrats, Claire Deery, sagte der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung«, die Hallen seien durch mit Plastikplanen versehene Bauzäune in Parzellen aufgeteilt, in denen jeweils acht und mehr Betten stünden. Es fehle an jeglicher Privatsphäre, das Licht bleibe auch nachts angeschaltet, der Dauerlärm zerre an den Nerven.

Mit der Begründung, dies solle »Gewaltschutz« gewährleisten, ist es Bewohner*innen nach Angaben Deerys verboten, ihre Betten mit Tüchern zu verhängen. Für die Kinder gebe es keinen Schulunterricht. »Die Betroffenen fühlen sich ausgeliefert und wissen meistens nicht, wie es weitergeht«, so Deery. Die Angst vor Abschiebung und die Perspektivlosigkeit sorge für Frust und erhöhe die Gefahr von Gewalt.

Die Landesaufnahmebehörde bestreitet das. Aus ihrem Haus heißt es, im Durchschnitt komme es monatlich zu nicht mehr als drei »besonderen Vorkommnissen«. Dagegen betont der Flüchtlingsrat, die Messehallen und ein weiteres Großquartier in Niedersachsen erfüllten nicht die baulichen Voraussetzungen für wirksamen Gewaltschutz und müssten daher so bald wie möglich geschlossen werden.

Generell ist es nach Ansicht des Flüchtlingsrats geboten, die Unterbringung in Notunterkünften auf ein zeitliches Minimum zu begrenzen. Doch trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen in Niedersachsen würden die Aufenthaltszeiten dort ausgeweitet, kritisiert die Organisation. Sogar Menschen mit chronischen Leiden, Herzkranke, Diabetespatienten und depressive Personen lebten auf dem Messegelände in Hannover, moniert Deery. Insgesamt wurden nach Behördenangaben zwischen Anfang Januar und Ende September 2024 in Niedersachsen 13 281 Geflüchtete registriert. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es noch 20 309 gewesen.

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