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Sachsen: Sondierung ohne Standleitung zu Wagenknecht
CDU, BSW und SPD bemühen sich weiter um eine Regierung. Eine Erfolgsgarantie gibt niemand ab
Die potenziellen Regierungsparteien CDU, BSW und SPD in Sachsen haben eine nächste Hürde genommen. Auf »Kennenlerngespräche«, die als Format für politische und menschliche Annäherung in Sachsen nach der Landtagswahl vom 1. September erfunden worden waren, folgen nun Sondierungsgespräche. An diesem Dienstag trafen sich dazu im Landtag die Chefunterhändler, zudem sollen sich sieben Arbeitsgruppen mit Fachthemen befassen. Medienberichten zufolge hoffen die Beteiligten, in etwa drei Wochen zu einem Ergebnis zu kommen. Dann könnten die tatsächlichen Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag beginnen.
Die vorsichtige Annäherung trägt dem Umstand Rechnung, dass mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Partei am Tisch sitzt, die noch nicht einmal seit einem Jahr besteht und deren Protagonisten keine Regierungserfahrung haben. Dagegen koalieren CDU und SPD in Sachsen seit 2014. Im neuen Landtag käme die »Brombeer-Koalition«, über die jetzt verhandelt wird, auf 66 von 120 Abgeordneten.
»Das wird kein Selbstläufer.«
Henning Homann SPD-Landeschef Sachsen
Nach ihren ersten Gesprächsrunden hielten die Parteien in einem achtseitigen Papier fest, wo es Übereinstimmungen gibt und welche Differenzen bleiben. Darin ist die Rede von einer »neuen Zusammenarbeit«, die es »so noch nie gegeben hat«. Konsens besteht demnach zu einem schärferen Kurs in der Migrationspolitik mit einer »wirksamen Begrenzung« irregulärer Migration und schnelleren Abschiebungen. Eine Abkehr von der Schuldenbremse soll es nicht geben. Einig ist man sich, dass der Lehrermangel bekämpft und alle Krankenhäuser erhalten werden sollen. Keine Übereinstimmung gibt es etwa zu der von der CDU im Wahlkampf geforderten sächsischen Grenzpolizei, zum kostenlosen Mittagessen für Schulkinder oder zu Mindestlohn und Tarifbindung. Der DGB betonte zum Auftakt der Sondierungsgespräche, eine höhere Tarifbindung würde dem Land zu mehr Einnahmen verhelfen. So könne die Investitionslücke geschlossen werden, die der DGB auf 44 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren beziffert. Die Linke forderte ebenfalls Maßnahmen für höhere Löhne in Sachsen. Ein Vergabegesetz könne dabei helfen, erklärte Fraktionschefin Susi Schaper, fügte aber an, sie erhoffe sich diesbezüglich von CDU und BSW nichts.
Als heikel erweist sich bisher das Thema Frieden. BSW-Landeschefin Sabine Zimmermann hatte erklärt, man werde darauf achten, dass ein Koalitionsvertrag »unsere friedenspolitischen Grundsätze enthält«. Unter anderem geht es um eine Positionierung gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. In Thüringen hatte das BSW ein Sondierungspapier wegen unbefriedigender Formulierungen zu dem Thema wieder infrage gestellt. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hatte zuletzt sogar gefordert, die CDU-geführten Landesregierungen sollten sich von CDU-Bundeschef Friedrich Merz abgrenzen, der im Bundestag den »faktischen Kriegseintritt« Deutschlands gegen Russland gefordert habe. Sachsens SPD-Landeschef Henning Homann nannte derlei Interventionen »Kasperletheater«, das der Regierungsbildung im Freistaat schade. Zimmermann betonte, das sächsische BSW sei im Austausch mit dem Landesverband Thüringen und der Bundespartei, es gebe aber keine »Standleitung« zu Wagenknecht. An der Bildung einer stabilen Regierung sei man »ernsthaft interessiert«, aber »das geht nicht um jeden Preis«. Auch Homann betonte, die Koalition werde »kein Selbstläufer«.
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