- Kommentare
- Linkspartei in Berlin
Von wegen Neuanfang: Linke unbeirrt zerstritten
Wolfgang Hübner über eine sich weiter zerlegende Partei
Der Optimismus, mit dem nicht wenige Linke-Mitglieder am Sonntag vom Parteitag in Halle nach Hause fuhren, dürfte aufgebraucht sein. Denn die fast komplett neue Parteispitze bekam nicht einmal drei Tage Schonfrist: Am Mittwoch erklärten fünf namhafte Berliner Linke-Politiker, darunter drei Ex-Senatoren, ihren Austritt aus der Partei. In der Begründung spielen maßgeblich Differenzen bei den Themen Distanzierung von Antisemitismus und Unterstützung für die Ukraine eine maßgebliche Rolle.
Dass es dabei immer wieder zu Streit in der Linkspartei kommt, ist nichts Neues. In Sachen Ukraine-Krieg vertreten Klaus Lederer und andere schon lange eine Meinung als die Mehrheit. Zum Antisemitismus beschloss der Parteitag in Halle ein Kompromisspapier; in die komplizierten Verhandlungen waren alle Flügel einbezogen. Dass nun fünf prominente Linke dennoch gehen, kann nur als Affront gegen die neue Parteiführung verstanden werden. Und auch gegen den Berliner Landesvorstand, der noch am Dienstagabend ein Angebot vorgelegt hatte, wie man den gerade im Berliner Landesverband eskalierten Konflikt weiter bearbeiten kann.
Klaus Lederer und seine Gefährten hatten im Berliner Landesverband lange eine Mehrheit. Ihre Gegenspieler, beispielsweise Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform, kamen trotz Minderheitenposition nie auf die Idee auszutreten. Was die Öffentlichkeit, auch die mediale, aus dem Abgängen lernt, ist: Die Linke zerlegt sich unbeirrt weiter und taumelt dem Ende entgegen. Zumal die fünf Austritte vom Mittwoch nicht die ersten in diesem Kontext waren und wohl nicht die letzten gewesen sein dürften.
Dass in der Linken angesichts ihrer Krise alle den Schuss gehört haben, hoffte die neue Vorsitzende Ines Schwerdtner vor dem Parteitag. Offenbar vergeblich. Vielleicht sollte sich Die Linke in Anlehnung an einen früheren Gassenhauer eine neue Hymne zulegen: Der Partei, der Partei, der ist immer schlecht.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.