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»Faule Arbeitslose« im Visier
Zahlen zu Rückkehr vom Job in Bürgergeldbezug sorgen für Debatten
Gefundenes Fressen für all jene, die wie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), CDU, CSU und AfD der Meinung sind, die Bürgergeldsätze seien zu hoch und animierten Leute quasi dazu, ihren Job zu kündigen und dem Müßiggang zu frönen. Eine Bundestagsanfrage ergab nämlich, dass rund jede zweite Person, die aus dem Bürgergeldbezug in Arbeit vermittelt wird, ein halbes Jahr später wieder auf staatliche Unterstützung angewiesen ist.
Sahra Wagenknecht, die die Zahlen bei der Regierung angefragt hatte, bewertet die Quote als »inakzeptabel«. Es könne nicht sein, »dass nach nur sechs Monaten Arbeit jeder Zweite zurück im Bürgergeld ist«, sagte sie der »Bild« (Mittwochausgabe). Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht das Bürgergeld dagegen im Grundsatz richtig aufgestellt, damit Arbeitslose langfristig wieder in Lohn und Brot kommen.
»Die These, dass das Bürgergeld träge mache, stimmt so nicht«, sagte ein Sprecher Heils der Deutschen Presse-Agentur. Die Mehrheit der Menschen mit Bürgergeld, die in Arbeit integriert werde, bleibe auch weiterhin beschäftigt. Sechs Monate nach einer Jobaufnahme sei dies bei fast zwei von drei Betroffenen der Fall, nämlich bei rund 64 Prozent. Das entspricht sogar einem Anstieg um vier Prozentpunkte gegenüber 2019. Dies spricht dagegen, dass die Erhöhung der Bürgergeldsätze in den letzten beiden Jahren, die wegen der enormen Teuerung zuvor im Nachlauf erfolgte, Menschen zur Arbeitsverweigerung animiert.
Wagenknecht bemängelte, dass die vom Sozialministerium vorgelegten Zahlen »die entscheidende Frage« nicht beantworteten: »Liegt es an den Betroffenen, die schlicht keine Motivation zu arbeiten haben? Liegt es an miesen Arbeitsbedingungen und unfairer Bezahlung? Oder bieten die Unternehmen immer noch viel zu viele befristete Stellen an beziehungsweise feuern nach Ablauf der Probezeit?« Sie forderte Sanktionen »für diejenigen, die sich lieber im Modell Bürgergeld plus Schwarzarbeit einrichten möchten«.
Der Sprecher des Sozialministeriums betonte derweil, es gebe »keine Hinweise darauf, dass das Bürgergeld Menschen dazu verleitet, nach kurzer Zeit wieder in den Leistungsbezug zurückzukehren«. Ausschlaggebend dafür, dass Menschen weiterhin auf Bürgergeld angewiesen seien, seien vielmehr »strukturelle Faktoren« wie niedrige Löhne und Teilzeitarbeit. Das Erwerbseinkommen reiche of nicht aus, »um die Hilfebedürftigkeit der gesamten Bedarfsgemeinschaft zu überwinden«.
Finanzminister Lindner forderte derweil, die Wohnkosten für Bürgergeldbeziehende als Pauschale zu gewähren. So will er »Milliarden« sparen. Derzeit werden für 2,73 von 2,94 Millionen Bedarfsgemeinschaften die Kosten der Unterkunft übernommen. Die Ausgaben dafür summieren sich auf 1,77 Milliarden Euro. Lindner will außerdem ukrainischen Geflüchteten künftig nicht mehr Bürgergeld, sondern nur noch die geringeren Bezüge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewähren. Diese liegen um 20 Prozent unter den Regelsätzen des Bürgergelds.
Von den 1,2 Millionen Ukrainern, die wegen des russischen Krieges gegen ihr Land in die Bundesrepublik gekommen sind, beziehen knapp 65 Prozent Bürgergeld. Die Linke-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger warf Lindner Schäbigkeit und Rechtspopulismus vor. »Dass viele Geflüchtete aus der Ukraine momentan noch nicht erwerbstätig sind, hat handfeste Gründe. Vielerorts fehlen Kinderbetreuungsangebote, die Betroffenen stoßen auf Hürden bei der Anerkennung ihrer Abschlüsse, oder sie müssen auf einen Platz im Sprachkurs warten.« mit dpa
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