Sachsen bekommt Corona-Aufklärung im Überfluss

BSW will AfD-Antrag auf Untersuchungsausschuss unterstützen / CDU und SPD planen Enquete-Kommission

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Maske oder ohne? Die Politik in Sachsen will die Corona-Zeit aufarbeiten – allerdings in unterschiedlichen Gremien.
Mit Maske oder ohne? Die Politik in Sachsen will die Corona-Zeit aufarbeiten – allerdings in unterschiedlichen Gremien.

In Sachsen werden sich mindestens ein Untersuchungsausschuss sowie eine Enquete-Kommission mit der Aufarbeitung der Corona-Pandemie befassen. An diesem Freitag stehen im Landtag zunächst Anträge von AfD und BSW zur Abstimmung, die jeweils die Einsetzung eines Untersuchungsgremiums beantragen. Derweil haben CDU und SPD angekündigt, eine Kommission einsetzen zu wollen. Über einen entsprechenden Antrag soll der Landtag später abstimmen.

Zumindest dem Antrag der AfD ist eine Mehrheit sicher. Zum einen zählt ihre Fraktion selbst 40 Abgeordnete und übertrifft damit das für die Einsetzung erforderliche Quorum von einem Fünftel des Landtags, also 24 Abgeordneten. Zum anderen kündigte BSW-Fraktionschefin Sabine Zimmermann vorab die Zustimmung ihrer Fraktion an. Sie begründete das mit »Respekt vor einem Minderheitenrecht«. AfD-Fraktionschef Jörg Urban hatte die BSW-Abgeordneten zuvor per offenem Brief eingeladen, dem Antrag seiner Fraktion beizutreten. Sie sollten »das Ziel der Aufarbeitung dieser unseligen Zeit über die Befindlichkeiten ihrer beiden Verhandlungspartner« stellen.

Dem BSW fehlen Unterstützer

Das BSW befindet sich in Sondierungsgesprächen mit CDU und SPD über eine gemeinsame Regierung im Freistaat. Zimmermann geht davon aus, dass die Unterstützung des AfD-Antrags dem Anliegen nicht schadet. Die potenziellen Koalitionspartner hatten indes bereits verschnupft auf die Ankündigung eines Antrags für einen Untersuchungsausschuss durch das BSW reagiert, das damit auch nicht auf deren Stimmen zählen kann. Mit 15 Abgeordneten erreicht das BSW das Quorum nicht. Auch Grüne und Linke lehnen einen Ausschuss ab.

Dass man dennoch darauf besteht, begründete Zimmermann mit dem Hinweis auf ein Wahlversprechen. Im Wahlprogramm für die Landtagswahl wurde dem Thema ein eigener Punkt gewidmet. Bei dessen Verabschiedung im Mai hatte Parteigründerin Sahra Wagenknecht erklärt, wenn das BSW einen solchen Ausschuss »als erstes in einem Landtag durchsetzen« könnte, wäre das auch »ein Signal für den Bund«. Es müsse aufgeklärt werden, wie während der Pandemie »in so großem Umfang willkürlich Grundrechte außer Kraft gesetzt werden konnten«. Sie hatte gerügt, dass einstige »Einpeitscher« wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch im Amt seien.

Ein verräterischer Fehler

Zimmermann gibt sich versöhnlicher. Im jetzigen Antrag heißt es, die Aufklärung solle zur »Befriedung der Gesellschaft« beitragen. Zudem wolle man Fehler bei künftigen Pandemien vermeiden helfen. Zu den Fragen, die beleuchtet werden sollen, gehört aber auch die, ob Äußerungen von Regierungsmitgliedern vorhersehbar geeignet waren, »verschiedene Gruppen der Gesellschaft gegeneinander aufzubringen«. Geklärt werden soll zudem etwa, ob durch bestimmte Vorgaben »Druck auf Ungeimpfte« ausgeübt werden sollte oder ob es einen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und einem Einbruch der Geburtenzahlen ab Anfang 2022 gebe. Flüchtigkeitsfehler im Antrag legen den Eindruck nahe, dass dieser zumindest nicht ausschließlich in Sachsen erarbeitet wurde. An einer Stelle ist vom »Land xx« die Rede. Die Linksfraktion stichelte, da habe »die Berliner Parteizentrale geschlampt«.

Die AfD will grundsätzlich geklärt wissen, ob die Beschränkungen während der Coronazeit mit Recht und Verfassung in Einklang standen. Die CDU warf ihr indes vor, nur an »Dramatisierung und Skandalisierung« interessiert zu sein. Sie plädiert für eine Enquete-Kommission, wie sie auch SPD-Gesundheitsministerin Petra Köpping seit Längerem favorisiert. Diese könne Wissenschaftler und die Öffentlichkeit einbeziehen und flexibler auf Erkenntnisse reagieren als ein Untersuchungsausschuss mit vorab klar definiertem Auftrag, hieß es. Laura Stellbrink, parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, sagte, man wolle »für die Zukunft lernen«.

»Der Ausschuss soll zur Aufarbeitung der politischen Verantwortlichkeiten und zur Befriedung der Gesellschaft beitragen.«

Antrag des BSW für einen Untersuchungsausschuss
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