Budapest-Komplex: Luftballons für Hanna S.

In Nürnberg fand eine Solidaritätsveranstaltung für eine Beschuldigte im ungarischen Antifa-Verfahren statt

  • Hendrik Pachinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 500 Personen demonstrierten am Samstag in Nürnberg für die Freilassung von Hanna S.
Rund 500 Personen demonstrierten am Samstag in Nürnberg für die Freilassung von Hanna S.

Seit Mai sitzt die Nürnberger Antifaschistin Hanna S. in Haft. Sie soll Teil einer Gruppe gewesen sein, die im Februar 2023 anlässlich des als »Tag der Ehre« bekannten Neonazi-Aufmarsches in Budapest mindestens fünf Angriffe verübt habe. Immer wieder organisiert ein Unterstützerkreis Demonstrationen zur Freilassung von Hanna S. So auch diesen Samstag.

Etwa 500 Personen nahmen den Angaben der Organisatoren zufolge an der Demonstration teil. Darunter zahlreiche Eltern von Antifaschisten, die von Strafverfahren betroffen sind; wie die Mutter von Lina E., der Vater der in Budapest inhaftierten Maja T., oder auch der Strafentlassene »Findus« aus Stuttgart.

Den Auftakt machte eine Kundgebung vor dem Gewerkschaftshaus, auf der nicht nur das Unterstützerbündnis sprach, sondern auch Amnesty International Nürnberg und der Anwalt von Hanna S.; die Mutter der Inhaftierten richtete sich mit einem persönlichen Bericht an die Teilnehmenden, der großen Applaus erntete.

Nach etwa eineinhalb Stunden formierte sich ein Demonstrationszug und zog lautstark durch Nürnbergs Innenstadt, vorbei an einer Polizeiwache über Nürnbergs Hauptverkehrsachse in das Linke Szeneviertel Gostenhof, in dem Hanna S. bis zu ihrer Inhaftierung lebte.

Die Demonstranten forderten Freiheit für Hanna S, Maja T. und die Einstellung aller Ermittlungen des sogenannten »Budapest Komplexes«, ein Ende der Verfolgung antifaschistischer Strukturen und eine Intensivierung des Kampfes gegen die erstarkende Rechte.

Nach etwa einer Stunde kam die Demonstration an der JVA Nürnberg vorbei, in der Hanna S. derzeit inhaftiert ist. Mit besonders lauten Sprechchören wandten sich die Teilnehmer direkt an Hanna S. und ihre Mitgefangenen, ebenso fanden einige bedruckte Luftballons ihren Weg über die Mauern der JVA.

Auf einer Abschlusskundgebung sprachen noch Angehörige eines Untergetauchten und Unterstützerinnen aus Hamburg. Beendet wurde die Veranstaltung mit einem Foto für die Betroffenen des Verfahrens – und dem Versprechen den Kampf erst einzustellen, wenn alle Beschuldigten wieder entlassen und die Prozesse eingestellt sind.

Anfang Oktober hatte die Bundesstaatsanwaltschaft Anklage gegen Hanna S. erhoben. Vorgeworfen wird ihr die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährliche Körperverletzung und sogar versuchter Mord, weil sie als Teil einer Gruppe an gewalttätigen Überfällen auf Rechtsradikale in Budapest beteiligt gewesen sein soll. Anlass für die Demonstration am Samstag war die rechtlich vorgeschriebene Prüfung der Untersuchungshaft, die nun ansteht. Denn ein Gericht kann einen Haftbefehl gegen Meldeauflagen oder Kaution außer Vollzug setzen – oder ihn gänzlich aufheben. Für die Unterstützer von Hanna S. gibt es dafür gute Argumente: Die junge Antifaschistin ist bestens in die Stadt integriert, sie geht einer geregelten Lohnarbeit nach, hat eine eigene Wohnung, ein großes soziales Umfeld und ist eine mehrfach ausgezeichnete Studentin der Nürnberg Akademie der Bildenden Künste.

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