Höchststand bei Polizeitoten

Polizeilicher Schusswaffengebrauch auf Jahrhunderthoch

Mitarbeitende der Spurensicherung arbeiten vor der Polizeiwache in Schwalmstadt. Entgegen einer früheren Darstellung hatte die am Donnerstag erschossene Frau keine Schüsse abgegeben.
Mitarbeitende der Spurensicherung arbeiten vor der Polizeiwache in Schwalmstadt. Entgegen einer früheren Darstellung hatte die am Donnerstag erschossene Frau keine Schüsse abgegeben.

Die Zahl der von der Polizei in Deutschland erschossenen Menschen ist vergangene Woche auf ein Jahrhunderthoch gestiegen. Das ergibt die Statistik der Fachzeitschrift »Bürgerrechte & Polizei/CILIP«. Demnach wurden im Jahr 2024 bereits 17 Menschen von der Polizei mit Schusswaffen getötet. In mindestens zehn Fällen gibt es Hinweise, dass sich die Opfer in einer psychischen Ausnahmesituation befanden.

Laut der online geführten Statistik zeichnet sich damit schon im Herbst des laufenden Jahres der höchste Stand seit 1999 ab, als die Polizei 19 Menschen erschoss. Das zuletzt am wenigsten tödliche Jahr war 2014 mit sieben Opfern nach einem Schusswaffengebrauch durch Beamt*innen.

Am Montag vor einer Woche hatte die Polizei in Gangelt bei Aachen eine Frau erschossen, die Beamt*innen mit einem Messer und einer Schere bedroht haben soll. Den Ermittlungen zufolge hat sie eine psychiatrische Fachklinik unerlaubt verlassen. Offenbar fürchtete die Frau, von der Polizei unter Zwang wieder dorthin gebracht zu werden.

Eine am Donnerstag im hessischen Schwalmstadt erschossene 20-Jährige soll nach ersten Angaben auf Beamt*innen geschossen haben. Später änderten das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft ihre Darstellung. Demnach sei die polizeibekannte Frau ohne festen Wohnsitz wegen Verkehrsdelikten von einem Unfallort auf die Polizeistation verbracht worden und nach ihrer Entlassung mit ihrem Auto zur Wache zurückgekehrt. Als sich vier Beamt*innen genähert hätten, habe die Frau mit einer Schusswaffe gedroht. Jedoch sei diese nicht »scharf« gewesen, wie die Polizei nunmehr erklärt.

Gewöhnlich bleiben die schießenden Polizist*innen straffrei. Von Bedeutung ist deshalb ein in Dortmund vor dem Landgericht laufender Prozess gegen fünf Beamt*innen, die 2022 den jungen Geflüchteten Mouhamed Dramé mit Pfefferspray und Taser traktiert und schließlich erschossen haben.

Zuletzt gab der Todesschütze Fabian S. Interviews zu seiner Version der Tat, darunter auch der »Welt«. Die verantwortliche Reporterin hat seine Aussagen jüngst für Spiegel TV zweitverwertet und dabei Falschdarstellungen über einen Autor des »nd« verbreitet. Auch Angehörige von Dramé und der Tote selbst werden in dem Beitrag rassistisch herabgewürdigt, kritisiert der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed in einer Stellungnahme.

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