Spanien: Schreckensbilder aus Valencia

Nach der Flutkatastrophe in Spanien gibt es Kritik an verspäteter Warnung durch Behörden

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.
In Andalusien kamen die Menschen meist wie hier im Dorf Cartama mit dem Leben davon, in der Region Valencia starben über 100.
In Andalusien kamen die Menschen meist wie hier im Dorf Cartama mit dem Leben davon, in der Region Valencia starben über 100.

Die Bilder der Zerstörung in Spanien sind dramatisch. Sturzfluten in etwas abgeschwächter Form wiederholten sich auch am Donnerstag. In den Vortagen hatten sie Brücken und Autos weggerissen und zu fast unüberwindlichen Barrikaden aufgetürmt. Menschen mussten ab Montagabend zum Teil viele Stunden auf Dächern, Autodächern oder an Mauern geklammert ausharren. Sie konnten oft keine Hilfe herbeirufen, da die Notfallnummer überlastet war.

Fatale Bilder gab es am Donnerstag erneut in Valencia, diesmal weiter im Norden in der Provinz Castellón, aber auch im Landesinneren in Teruel in Aragón. Auch massive Fehler der rechten Regionalregierung Valencias haben sich wiederholt, die tödliche Konsequenzen zeigen. Erst am Mittag, als Flüsse in Castellón oder an der Grenze zu Katalonien in Vinarós längst über die Ufer traten, wurde dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Zu diesem Zeitpunkt wateten Schüler in einigen Schulen schon im Wasser. Bevor die »Dana« nach Katalonien zog, hatte der katalanische Zivilschutz die Bevölkerung schon per SMS aufgefordert, die Häuser nicht zu verlassen. Denn das Wetterphänomen Dana (»Kaltlufttropfen«) mit polarer Kaltluft hatte sich aufgespalten. Etwas abgeschwächt ist ein Teil der Front in großer Höhe nach Norden nach Katalonien gezogen. Ein zweiter Teil driftete nach Süden ab, wo es erneut heftig in Andalusien geregnet hat.

Valencia bietet ein Bild des Schreckens

Ein Schreckensbild zeichnet sich vor allem in Valencia ab. Die Stadteinfahrt zu Valencia-Stadt sieht wie ein Kriegsschauplatz aus, obwohl die Dana die Stadt nur streifte, es kaum regnete. Aber aus dem Umland strömten Wassermassen herbei und verursachten große Schäden. 13 Menschen ertranken hier nach bisherigen Angaben. Zum Teil regneten, wie um die Gemeinde Chiva, fast 500 Liter pro Quadratmeter an einem Tag ab, als die Kaltluft am Montag auf die stark mit Feuchtigkeit aufgeladene warme Mittelmeerluft traf. In den Hotspots der Katastrophe wie Utiel oder Paiporta zeigen sich danteske Bilder. Die Ortschaften sind weiter ohne Strom und Trinkwasser und zum Teil abgeschnitten. Allein in Paiporta haben 45 Menschen das Leben verloren, fast die Hälfte der bisher insgesamt 105 registrierten Toten. Es türmen sich Autoberge in zerstörten Straßen auf. Sie machen es Anwohnern, Helfern und Rettungskräften schwer, zu Verschütteten vorzudringen. Zerstörte Straßen und Brücken sorgen dafür, dass einige betroffene Gemeinden bisher nicht erreicht wurden.

Die Zahl der Toten wird ständig aktualisiert. Doch schon jetzt ist es die zweitgrößte Flutkatastrophe dieses Jahrhunderts in Europa. Nur bei der Flut im Ahrtal wurden mit 135 noch mehr Tote registriert. Dieser traurige Rekord dürfte übertroffen werden. Die Rettungskräfte rechnen längst mit mindestens 150 Toten allein in Valencia. Dutzende Menschen werden noch vermisst.

In Valencia lassen sich Parallelen zu Fehlern im Ahrtal ziehen. Das Krisenmanagement der rechten Regierung der Volkspartei PP unter Carlos Mazón, der von der ultrarechten Vox-Partei an die Macht gebracht wurde, wird als fatal kritisiert. Fast 100 Tote wurden allein hier registriert. Die Regionalregierung hatte viel zu spät gewarnt. »Als die Warnung kam, standen wir schon bis zu den Knien im Wasser«, erklären Betroffene in Paiporta gegenüber dem spanischen Fernsehsender RTVE. Der Wetterdienst hatte schon am Sonntag vor dem »ungünstigsten Teil der Wetterepisode« und »örtlichen sintflutartigen Regenfällen« gewarnt. Doch der Regionalpräsident Mazón hatte per X sogar um 18 Uhr am Montag praktisch Entwarnung getwittert. Der Mann, dessen Rücktritt nun gefordert wird, hat den Tweet derweil gelöscht.

Die Notfalleinheit wurde abgeschafft

Dazu kam fehlende Prävention. Der Höhepunkt der verfehlten Politik war, dass die Regierung Mazón zum Amtsantritt im Februar 2023 die Notfalleinheit »UVE« ersatzlos gestrichen hatte. Die war genau für solche Fälle von der linken Vorgängerregierung aufgestellt worden. So musste Militär-Nothilfe aus großer Entfernung herbeigeschafft werden, was die Rettung verzögerte. Die UVE-Streichung hatte die Regierung, die mit viel Geld Stierkämpfe subventioniert, als »ersten Schritt zur Restrukturierung« bezeichnet. Das Dana-Phänomen ist nicht neu, tritt aber immer öfter auf. Zuletzt erreichte polare Kaltluft den Mittelmeerraum Anfang September, wo es schon Tote und Überschwemmungen wie auf Mallorca gab. Mit dem Klimawandel werden die Auswirkungen stärker. Die weiter aufgeheizte Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, weshalb größere Niederschlagsmengen abregnen.

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