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Nachtaktive Papageien im Outback
Dingos könnten zum Überleben der seltenen Nachtsittiche beitragen
Wer kennt nicht die einzigartigen ikonischen Tiere Australiens wie Koalas oder Kängurus? So manche australische Tierart ist aber auch schon ausgestorben, wie etwa der legendäre Tasmanische Tiger. Manchmal jedoch leben Totgesagte länger, wie der extrem seltene Nachtsittich beweist. Er gilt als einer der geheimnisvollsten Vögel der Welt. Die einzige weitere nachtaktive Papageienart weltweit ist der in Neuseeland lebende Kakapo.
Seit 1912 ward der scheue Nachtsittich (Pezoporus occidentalis) Down Under nicht mehr gesehen. Aber seit 1979 gab es wieder Berichte von Menschen, die den 22 bis 25 Zentimeter langen Vogel mit seinem grünen, mit schwarzen Punkten verziertem Gefieder gesichtet haben wollten. So richtig in Schwung kam die wissenschaftliche Jagd nach dem Nachtpapagei, nachdem dem Doktoranden Nicholas Lesenberg von der Universität Queensland 2016 das vermutlich erste Foto in freier Wildbahn gelang. In der Folge konnte Lesenberg nachweisen, dass in Queensland noch rund 20 Exemplare lebten.
Mehr als 2200 Kilometer weiter westlich machten Aborigine-Wildhüter im indigenen Schutzgebiet Ngururrpa in Westaustralien im Jahr 2018 nicht nur das zweite Foto eines Nachtsittichs in freier Natur. Sondern zusammen mit Wissenschaftlern um Lesenberg entdeckten sie durch Beobachtung, Kamerafallen und akustische Aufnahmen eine Kolonie von rund 50 Nachtsittichen. Das ist, so die Ranger und Wissenschaftler in ihrer im September 2024 im Fachmagazin »Wildlife Research« veröffentlichten Studie, die größte bekannte Population überhaupt.
Der nachtaktive Papagei sieht schlecht.
Eine der vielen Fragen zu dem wissenschaftlich kaum beschriebenen Vogel lautet, wie so viele dieser Art im abgelegenen Outback überleben konnten. Die erstaunliche Vermutung der Autoren der Studie: Die Ursache liegt im Zusammentreffen der seit Jahrtausenden in Australien lebenden Dingos mit den erst von weißen Siedlern eingeführten und verwilderten Katzen. Untersuchungen des Kots von Dingos hätten ergeben, dass auf der Speisekarte der Wildhundart Geflügel nicht weit oben stehe. Dingos (Canis dingo) waren demnach die Raubtierart, die in Schlafhabitaten nachtaktiver Papageien am häufigsten nachgewiesen wurde. Wildkatzen wiederum erwiesen sich in diesen Habitaten als Hauptbeute der Dingos, berichten die Forscher. Wesentlich gefährlicher als Raubtiere seien die in Australien nicht seltenen Buschfeuer. »Eine der größten Bedrohungen für die Schlaf- und Nistplätze ist Feuer. (...) Brände während der Brutzeit wären besonders verheerend«, betonen die Wissenschaftler.
Ngururrpa-Ranger Clifford Sunfly ist stolz auf den Beitrag der Ureinwohner zur modernen Forschung. Die indigenen Ranger und die Wissenschaftler würden voneinander lernen, so Sunfly. »Beim traditionellen Weg lesen wir das Land«, sagt Sunfly und fügt hinzu: »Wir nutzen auch Technologie, um auf wissenschaftliche Weise nach Nestern zu suchen und ihr Gebiet vor Katzen, Kamelen und Buschfeuer zu schützen.«
Das Schutzgebiet Ngururrpa war bisher abgeschieden von aller Welt im tiefsten westaustralischen Outback. Nun stehen der Region mit dem geplanten Abbau von geschätzten 123 Millionen Tonnen Kaliumsulfat oder Pottasche aus dem Salzsee Mackay Lake Veränderungen bevor. Für den Transport der Pottasche plant der Bergbaukonzern Agrimin eine 350 Kilometer lange Privatstraße zum Hafen von Wyndham.
Erstaunlicherweise gibt es von Seiten der lokalen indigenen Bevölkerung keine Einwände gegen das Projekt. Mit Agrimin wurde ein Vertrag geschlossen, der die lokale Bevölkerung an dem Projekt beteiligt und der gleichzeitig ihre Traditionen als auch den Schutz der Nachtpapageien und anderer bedrohter Tierarten wie der Nasenbeutler garantiert. Ein Punkt der Abmachung: Die Straße darf nur von den Lkw der Firma und den Aborigines befahren werden, und das auch nur bei Tag. Für Touristen bleibt die Straße hingegen ein Tabu.
So können hoffentlich die Nachtsittiche unbehelligt in ihren Nestern im dichten Spinifex-Gras leben und die Wissenschaftler in Ruhe das Leben der bislang weitgehend unerforschten Vögel beobachten. Allerdings hatte die Biologin Vera Weisbecker von der Flinders Universität in Adelaide bei der Untersuchung eines toten Vogels 2020 etwas Überraschendes entdeckt: Der nachtaktive Papagei sieht schlecht.
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