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Bahnhof Wustermark droht Verkehrskollaps

Wegen der Komplettsperrung der Bahnstrecke Hamburg-Berlin ab August 2025 drohen am Bahnhof Wustermark chaotische Zustände

Aktuell ist der Bahnhof Wustermark meistens wenig stark besucht.
Aktuell ist der Bahnhof Wustermark meistens wenig stark besucht.

Der Bahnhof Wustermark ist eigentlich nichts Besonderes. Ein Bahnsteig mit zwei Gleisen, zwei Überführungen die auf den Bahnhofsvorplatz führen, eine davon mit Aufzügen. Dort, abseits vom Ortskern, gibt es ein paar Parkplätze. Ein typisch Brandenburger Bahnhof. Aber ab August 2025 droht hier der Verkehrskollaps. Die Bahnstrecke Hamburg–Berlin, an der der Bahnhof liegt, soll dann für mindestens ein halbes Jahr komplett gesperrt werden. Der Bahnhof Wustermark ist einer der zentralen Knotenpunkte, an dem Pendler*innen aus dem Schienenersatzverkehr mit Bussen in die dann von dort fahrende Bahn nach Berlin ein- oder aussteigen sollen.

Während der Generalsanierung der Strecke hat die Deutsche Bahn einiges vor. An Gleisen, Weichen und Oberleitungen soll gearbeitet werden, Überholmöglichkeiten geschaffen, die Leit- und Sicherungstechnik erneuert. Entlang der Bahnstrecke »sollen Bahnreisende dank lückenloser 5G-Ausleuchtung künftig in bester Qualität telefonieren und surfen können«, wie die Bahn in einer Pressemitteilung erklärt. Aber die großen Pläne haben Konsequenzen.

Nach Zahlen des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB) könnten am beschaulichen Wustermarker Bahnhof tausende Fahrgäste aus West- und Nordwestbrandenburg pro Tag umsteigen. So viele Pendler*innen fahren aktuell täglich mit der Bahn durch den Bahnhof. Das hat der VBB dem Bundestagsabgeordneten Christian Görke (Linke) mitgeteilt, der zusammen mit Holger Schreiber, dem parteilosen Bürgermeister von Wustermark, zu einem Pressegespräch am Bahnhof eingeladen hat.

Bürgermeister Schreiber ist eigentlich überzeugt davon, dass der Bahnhof der richtige Ort ist für den Umstieg von Bus auf Bahn während der Sperrung. »Man muss nicht wie in anderen Kommunen massiv durch den Ort durch«, sagt er. Außerdem liegt die Bundesstraße 5 direkt neben dem Bahnhof. »Es ist klug und richtig, diesen Bahnhof in den Fokus zu nehmen für eine Schienenersatzfunktion.« Schreiber erwartet nicht nur Schienenersatzverkehr, sondern auch Pendler*innen aus Nauen und anderen Gemeinden aus dem Havelland, die den Bahnhof mit dem Auto anfahren werden. Der Bahnhof sei für viele der strategisch beste Ort, um nach Berlin zu kommen.

Aber so wie der Bahnhof aktuell gestaltet ist, würde das nicht funktionieren. Das zeigt sich schon während des Gesprächs, als eine Regionalbahn einfährt. Dutzende Bahnfahrende strömen aus dem Bahnhof und laufen kreuz und quer über die schmale Straße, um zu der kleinen Bushaltestelle direkt an einem Wendehammer zu gelangen. Dort wenden in kurzem Takt mehrere Busse. An einem der beiden Ausgänge gibt es nicht einmal einen Bürgersteig und über ein Feld direkt am Bahnhof zieht sich schon ein Trampelpfad in Richtung Dorf. »Sie haben ja gesehen, was hier los ist bei Normalverkehr, wenn aktuell stündlich fünf Busse fahren«, sagt Christian Görke. In Zukunft sollen es 20 Busse pro Stunde sein. »Das wird eine Riesenherausforderung!«, so der Linke-Politiker.

Die Gemeinde ist gut vorbereitet. In weiser Voraussicht hat sie das Feld direkt vor dem Bahnhof schon vor Jahren erworben. Denn der Bahnhofsvorplatz soll ohnehin umgestaltet werden, allerdings wird das länger dauern. Nach der Ansage der Bahn, dass die Strecke gesperrt werden soll, haben sich Schreiber und seine Verwaltung in die Planung gestürzt. »Als im Februar das erste Mal der Name Wustermark fiel, haben wir gesagt: So wie es jetzt ist, wird das nicht funktionieren«, so der Bürgermeister. Seit März laufen Gespräche mit der Bahn, dem VBB und dem Ministerium für Infrastruktur Brandenburg.

Die Gemeinde hat eine Lösung gefunden: Eine Erschließungsstraße durch das Gemeindegrundstück soll den Busverkehr an Bushaltestellen direkt an den Ausgängen des Bahnhofs führen. Auf dem Rest des Grundstücks könnten rund 200 temporäre Parkplätze eingerichtet werden. Diese Vorschläge hat die Gemeinde in den Gesprächen vorgestellt. »Wir haben ganz viel Verständnis und Unterstützung signalisiert bekommen«, so Schreiber. Alle seien sich einig, dass das die beste und notwendige Lösung ist.

Das große Problem sind die Kosten. Mindestens 850 000 Euro müssten für das Vorhaben aufgebracht werden. »Wir bekommen als Gemeinde Wustermark von denen, die diesen Verkehr verursachen werden, einfach nicht das Signal: Startet bitte!«, sagt Schreiber. Man brauche eine Zusicherung der Kostenübernahme. Denn die klamme Gemeinde kann sich den Umbau nicht leisten. Die Zeit wird knapp: Es muss geplant und ausgeschrieben werden – und gebaut werden müsste das Vorhaben ja auch – und das alles bis zum Stichtag Anfang August 2025.

»Die Wut der Bürger wird sich nicht bei der Konzernzentrale der Deutschen Bahn bemerkbar machen.«

Holger Schreiber
Bürgermeister Wustermark

Sollte das nicht geschafft werden, sieht Bürgermeister Schreiber den Zorn der Wustermarker aufziehen, die dann das Chaos ausbaden müssten. »Die Wut der Bürger wird sich nicht bei der Konzernzentrale der Deutschen Bahn bemerkbar machen.« Aus den Vorgesprächen berichtet Schreiber, dass sich alle einig gewesen seien, dass man eine Finanzierung finden muss. Uneinig sind sich Bahn, Land und VBB darin, wer welchen Anteil übernimmt. »Das sind die Dinge, die müssen die miteinander klären. Wir müssen in die Lage versetzt werden, mit den Bauarbeiten anzufangen«, so Schreiber.

Das wiederum sorgt für Unmut beim Bundestagsabgeordneten Christian Görke. Dass es bis heute keine Zusage einer Kostenübernahme gibt und dass man sich jetzt auch noch streite, dafür fehle ihm das Verständnis. »Ich erwarte von der DB AG, dass wer bestellt, auch liefert«, so Görke. Das heiße, dass zumindest die Erschließungsstraße mit einer Kostenübernahme auf den Weg gebracht werden müsse.

Ohne diesen Schritt stellt er sogar die geplante Vollsperrung infrage. »Wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen, dann bleibt nur die Alternative, diese temporäre Sperrung nicht vollständig vorzunehmen, sondern eingleisige Varianten flankierend in Erwägung zu ziehen«, so der Abgeordnete. Das würde allerdings die großen Pläne der Deutschen Bahn für die Strecke Hamburg–Berlin noch weiter verzögern. So wie es jetzt aussieht, werden diese allerdings auf dem Rücken der Gemeinde Wustermark durchgeführt. Die Deutsche Bahn und das Brandenburger Verkehrsministerium reagierten nicht innerhalb der gesetzten Frist auf eine nd-Anfrage.

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