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Rechtsschutzversicherung: Unwichtig, aber nützlich
Verbraucherschützer halten die Rechtsschutzversicherung eher für unwichtig. Andere Experten halten einen privaten Rechtsschutz dennoch für nützlich
Eine der ältesten Prozess-Finanzierer in Deutschland beschreitet neue Wege. Die, nennen wir sie, Justitia AG hat gemeinsam mit Investoren einen Investmentfonds initiiert. Von dem in Luxemburg aufgelegten Fonds mit einem Volumen von 50 Millionen Euro erhofft sich XY, größere Geschäftsfelder erschließen zu können. Bislang traute sich der Versicherer nur an »Mid-Cap«-Prozesse heran, mit Streitwerten zwischen 100.000 und einigen Millionen. Selbst Prozesse jenseits von 100 Millionen Euro scheinen fortan für Justitia und seine Kundschaft möglich zu sein.
Damit folgt der deutsche Prozess-Finanzierer Vorbildern in Amerika und Großbritannien. Dort haben Prozess-Finanzierer – hierzulande eher als Rechtsschutzversicherer bekannt – seit längerem Fonds aufgelegt, um mehr Kapital für große Prozesse zu gewinnen. Das Geschäft mit dem Recht verspricht Versicherungskonzernen und ihren Investoren hohe Renditen. Allerdings sind die Schadensersatzzahlungen im angelsächsischen Raum weit höher als innerhalb der Europäischen Union. So legte etwa ein bekannter US-Investor schon mehrere Fonds mit einem Milliardenvolumen zur Finanzierung von Prozessen auf.
Gelder, die wohl gut angelegt sind. In Deutschland am bekanntesten ist der Glyphosat-Rechtsstreit, den der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer in den USA führt. Landwirte und Gartenbesitzer, die den glyphosathaltigen Unkrautvernichter »Roundup« eingesetzt hatten und später schwer erkrankten, erstritten bereits milliardenschweren Schadenersatz.
Wobei der Schaden einer Erkrankung wohl kaum durch Geld zu ersetzen ist. Wie dem auch sei: Für Verbraucher in der Bundesrepublik kann sich eine Rechtsschutzversicherung selbst in recht harmlos erscheinenden Fällen durchaus auszahlen. Eine Versicherung, die alle Lebensbereiche abdeckt, gibt es allerdings nicht. Sie funktioniert vielmehr nach einem Baukastenprinzip, versichert sind also lediglich ausdrücklich vereinbarte »Leistungsarten«.
Unter Leistungsarten verstehen Juristen Rechtsbereiche, die vom Versicherungsschutz umfasst sind. Das können beispielsweise Schadensersatzansprüche gegenüber dem Finanzamt sein. Sie können sich auch wappnen gegen Streit im Sozialrecht. Häufig steht im Mittelpunkt eines gerichtlichen Streits die eigene Immobilie oder ein Konflikt mit dem Vermieter. Populär, wenngleich oft unversichert, sind Erbstreitigkeiten in der Familie. Auch besteht beispielsweise in der Regel kein – oder ein nur sehr eingeschränkter – Rechtsschutz bei einer Scheidung. Üblicherweise können Sie eine Rechtsschutzversicherung nach Ihrem vermeintlichen Bedarf abschließen. Verträge bündeln meist mehrere Leistungsarten.
Eine Rechtsschutzversicherung, die sämtliche Lebensbereiche abdeckt, gibt es also nicht. »Grundsätzlich ist die Rechtsschutzversicherung eine weniger wichtige bis unwichtige Versicherung«, fasst der Bund der Versicherten (BdV) in Hamburg die Bedeutung dieser Police zusammen. Es gebe Versicherungsverträge, die wichtiger sind und entsprechend Vorrang haben sollten. Auf der Internetseite der Verbraucherinitiative finden Sie ein 14-seitiges Infoblatt mit weiterführenden Informationen. Seinen Mitgliedern bietet der BdV eine günstige Rechtsschutzversicherung an.
Auch die Stiftung Warentest zählt den Rechtsschutz – anders als eine Privathaftpflichtversicherung – nicht zu den ganz wichtigen Versicherungen, doch sei sie »sehr nützlich«. Die Warentester haben kürzlich das komplizierte Kleingedruckte von 87 Rechtsschutzpaketen der Bereiche Privat, Beruf und Verkehr unter die Lupe genommen. Ein empfehlenswerter Tarif zeichne sich dadurch aus, dass er Anwalts- und Gerichtskosten in möglichst vielen Lebenslagen übernimmt und nur wenige Ausschlussklauseln habe, so die Verbraucherexperten in Berlin. Die freigeschalteten Testergebnisse kosten 4,90 Euro.
Versicherer wie die Justitia AG verdienen an erfolgreichen Prozessen kräftig mit. Die Erfolgsbeteiligung liegt nach Medienberichten je nach Kompliziertheit des Falles zwischen 20 und 35 Prozent der Entschädigungssumme. Versicherer verdienen aber schon an den Prämien ihrer Kunden bestens. Ganz billig sind Rechtsschutzversicherungen nämlich nicht. Empfohlen wird eine Selbstbeteiligung. Die Beiträge für marktübliche Verträge beginnen dann bei etwa 250 Euro im Jahr. Können aber auch deutlich höher ausfallen.
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