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Inklusion ohne Turnväter: ein neuer Name für den Jahn-Sportpark?
Der Umbau des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks wirft die Frage auf, ob das Stadion einen neuen, zeitgemäßen Namensgeber braucht.
Der Senat und die Berliner Sportverbände sind sich einer Sache sicher: Der Umbau des Stadions ist unumgänglich. »Das alte große Stadion war nicht ausreichend barrierefrei und erfüllte die Anforderungen an inklusiven Sport nicht vollständig«, erklärt Stefan Schenck, Vizepräsident des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Berlin (BSB), im Gespräch mit »nd«. Die Durchführung der Para-Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 sei nur mit zahlreichen Kompromissen und Einschränkungen für Sportler und Zuschauende mit Behinderung möglich gewesen. Ein bloßes Restaurieren des altehrwürdigen Stadions hätte aus Sicht von Schenck nicht dieselbe Wirkung gehabt. Für eine umfassende Inklusion seien wichtige strukturelle Veränderungen notwendig, wie »die selbstständige Erreichung des Wunsch-Sitzplatzes ohne fremde Hilfe in jedem Sektor des Stadions für mobilitätseingeschränkte Personen«. Dies sei »nur durch einen kompletten Neubau möglich«.
Das ausgerechnet der deutschnationale Turnvater Jahn weiterhin als Namensgeber des neu errichteten Sportparks fungieren soll, hält Schenck dagegen nicht für notwendig. »Friedrich Ludwig Jahn steht angesichts seiner Geschichte für die Vergangenheit«, ordnet der Vizepräsident des Berliner Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands die Situation ein. Der Sportpark soll für »die Zukunft einer inklusiven Gesellschaft« stehen, daher könnte aus seiner Sicht eine Umbenennung ein wichtiger Schritt sein, »um eine klare Botschaft der Offenheit und Inklusivität zu kommunizieren«. Dies sei jedoch eine Entscheidung, die laut Schenck »durch gesellschaftlichen und politischen Konsens getragen werden sollte«.
»Friedrich Ludwig Jahn steht angesichts seiner Geschichte für die Vergangenheit.«
Stefan Schenck Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin
Schon vor 13 Jahren forderte die lokale Initiative Sport ohne Turnväter eine Umbenennung des Sportparks. Jahn dürfe mit seinem deutschnationalen Gedankengut nicht die größte Sportanlage Nordberlins repräsentieren, erklärte damals der Sprecher der Initiative Alexander Jahns der »Taz«. Friedrich Ludwig Jahn war der Gründer einer sich nach außen harmlos gebenden paramilitärischen Bewegung, an der weder Frauen noch Juden oder Sinti und Roma teilnehmen konnten. Jahn, der auch als Ideengeber für die Gründung der Urburschenschaft gilt, lag unter anderem die Reinheit der deutschen Sprache am Herzen, die Vorliebe für fremde Sprachen bezeichnete er als »Ausländerei«. Der Schriftsteller Peter Hacks thematisierte einst das deutschnationale Gedankengut Jahns in seinem Roman »Ascher gegen Jahn«, in dem er dem jüdischen Spätaufklärer Saul Ascher den Part des Gegenspielers zuschreibt.
Der Berliner Landessportbund (LSB) will dagegen am Namensgeber festhalten. Denn das Wirken des deutschnationalen Vorturners auf dem Turnplatz in der Hasenheide habe »zur Entstehung des Vereinssports geführt und damit zu einer Bewegung, die heute einen entscheidenden Beitrag zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung leistet«. Man setze sich als Landessportbund für eine kritische Auseinandersetzung ein, als Beispiel erwähnt der Verband die aktuelle Ausstellung »Denk Mal Jahn« im Museum Neukölln. Aus Sicht des Sportverbands müsse die Debatte um die Person Friedrich Ludwig Jahn auch innerhalb des Sports weitergehen. Der Berliner Fußballverband (BFV), dessen Mitgliedsvereine das Stadion sowie die Nebenplätze regelmäßig nutzen, erklärt dagegen, dass die Namensgebung des Sportparks nicht in seinem Zuständigkeitsbereich liege.
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Im Bezirk Pankow wird die Namensgebung des zentral gelegenen Sportparks dagegen seit Jahren kritisch gesehen. 2018 forderte der Bezirk den Berliner Senat auf, die Umbenennung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks zu prüfen. Der damalige Bezirksbürgermeister Sören Benn (ehemals Linke) ging ebenfalls auf Abstand zum Turnvater: »Jahn ist sicher aus heutiger Sicht ein eher schwieriger Zeitgenosse mit seinem mindestens völkischen Gesellschaftsverständnis.«
»Die Benennung von Sportstätten nach dem ›Turnvater‹ wird inzwischen allgemein kritisch beurteilt«, hieß es damals in einem Beschluss der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die zuständige Senatsverwaltung für Inneres und Sport sagte eine »kritische Überprüfung« zu. Man wolle im Rahmen der Sanierung und des Neubaus der Sportanlagen »erneut überprüfen, ob durch Benennung einzelner Sportanlagen oder des gesamten Sportparks weitere beziehungsweise andere Personen geehrt werden«.
Auf ein Ergebnis wartet man bis heute. »Seit Jahren gibt es Debatten darüber, ob der Turnvater Jahn ein geeigneter Namenspatron für einen Inklusionssportpark wäre«, beschreibt Kristian Ronneburg, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, die festgefahrene Situation. Die Linke im Bezirk Pankow habe dies eingefordert. Allerdings gibt es laut Ronneburg »für eine Umbenennung in der Bezirksverordnetenversammlung keine Mehrheit«. Dennoch denkt er, dass jetzt – im Zuge der Umgestaltung des Jahnsportparks – eine Debatte darüber möglich sein müsse, ob zumindest »eine kritische Einordnung des Namensgebers stattfinden soll«.
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