- Berlin
- Haushaltskrise
Leihradanbieter Nextbike: Zukunft in Berlin ungewiss
Nachfrage bei dem Leihradanbieter verdoppelt sich, Landesförderung läuft aus
Mit Nextbike könnte der größte Anbieter für Leihfahrräder in der Hauptstadt der Haushaltskrise zum Opfer fallen. Das teilte das Leipziger Unternehmen am Mittwoch mit. Zunächst hatte der »Tagesspiegel« berichtet. Ein zwischen dem Land Berlin und Nextbike geschlossener Vertrag läuft demnach zum 31. Dezember aus. Eine Anschlussregelung gibt es nicht.
Seit 2015 bekommt Nextbike vom Land Berlin jährlich Zuwendungen in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Schon im Sommer war der gemeinsame Vertrag ausgelaufen. Der Senat verlängerte ihn behelfsmäßig um ein weiteres halbes Jahr. Eigentlich hätte der Auftrag neu ausgeschrieben werden müssen.
Eine Sprecherin des Senats erklärte die offene Zukunft des Leihradangebots in Berlin mit dem ausstehenden Haushaltsbeschluss für das Jahr 2025. Es gebe »eine Auflage vom Finanzsenat, dass zurzeit keinerlei Vertragsverhandlungen, die Kosten im Haushalt verursachen, zu führen sind«. Eine Einigung der schwarz-roten Koalition zur Einsparung von drei Milliarden Euro im kommenden Jahr steht aus.
»Eine Neuregelung ist längst überfällig, die Koalition hat das Thema bisher ausgesessen.«
Kristian Ronneburg (Linke) verkehrspolitischer Sprecher
Eine Verlängerung des laufenden Vertrags mit Nextbike in das nächste Jahr hält Kristian Ronneburg für möglich. Allerdings sei auch die letzte Verlängerung schon nur eine Notlösung gewesen, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. »Eine Neuregelung ist längst überfällig, die Koalition hat das Thema bisher ausgesessen.« Bei einer erneuten Ausschreibung sei entscheidend, welche Konditionen das Land Berlin zur Verfügung stellen will, sagt Ronneburg. »Es deutet sich an, dass der Senat weniger Geld für das Fahrradleihsystem zur Verfügung stellen könnte. Sollte dieses Szenario eintreten, befürchte ich einen Rückgang des Angebots für die ohnehin schon unterversorgten Außenbezirke.«
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
Trotz einer Verdopplung der Nutzung innerhalb eines Jahres auf vier Millionen Fahrten sieht sich Nextbike kurz vor dem Jahreswechsel vor Unwägbarkeiten. Sollte die Förderung wegfallen, werde man in etwa auf das Startniveau von 2017 zurückfallen. Damals bestand der Fuhrpark aus 2000 Rädern, die innerhalb des S-Bahnrings genutzt werden konnten. Zurzeit stellt Nextbike 6500 Räder zur Verfügung. Knapp die Hälfte der Entleihstationen befinde sich außerhalb des Rings, so das Unternehmen. Ohne Förderung würde sich Nextbike zu allererst aus diesen mobilitätsarmen Regionen zurückziehen.
Mit einer möglichen Einschränkung des Angebots würde auch ein Abbau von Personal einhergehen, sagte eine Unternehmenssprecherin. Dabei habe der Senat noch im Sommer in Aussicht gestellt, bei einer erneuten Ausschreibung einen doppelt so großen Fuhrpark zu bestellen. Bei Nextbike habe es noch keinen Austausch über personalpolitische Folgen gegeben, teilte der Betriebsrat auf Nachfrage von »nd« mit.
Linke-Politiker Ronneburg schwebt eine gänzliche Neuregelung des Leihradsystems vor. Er verweist auf das Beispiel der Stadt Wien und auf einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion aus dem Jahr 2023. Demnach sollte der Senat nicht nur Geld verteilen, sondern per sogenannter Konzessionsvergabe einem Unternehmen exklusive Nutzungsrechte einräumen und andere Anbieter im Stadtgebiet ausschließen.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.