- Wirtschaft und Umwelt
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Warnstreikphase vereitelt
Verfrühte Tarifeinigung in der Gebäudereinigung sorgt für Unmut
Ganze 16 Stunden dauerten die Verhandlungen zwischen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) am Donnerstag in Köln. Am Ende einigte man sich für die rund 700 000 Beschäftigten auf eine Lohnerhöhung von rund elf Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren. Hinzu kommt die Erhöhung der Azubivergütungen, die je nach Lehrjahr auf bis zu 1300 Euro steigen.
Dass der allgemein verbindliche Branchenmindestlohn in der Einstiegslohngruppe angehoben werden musste, war auch den Arbeitgebern im Vorfeld bewusst. Doch sie boten zunächst nur 6,2 Prozent mehr Lohn. Als Farce und »Schlag ins Gesicht«, kritisierte die IG BAU den Vorschlag. Das Angebot sei respektlos, sagte eine Beschäftigte aus NRW auf einer Demonstration zu den Verhandlungen. »Wir sind es wert«, schob sie nach. Ihr Begleiter sprach von »sauberen Löhnen für saubere Arbeit«.
An der Demonstration nahmen rund 800 Beschäftigte der Branche aus der gesamten Republik teil, um beim Arbeitgeberverband den Druck zu erhöhen. IG BAU-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux drohte im Vorfeld der Einigung noch: »Wenn da nicht ordentlich etwas draufgepackt wird, werden bald die Tücher und Wischmopps beiseitegelegt und die Böden schmutzig bleiben.« Zu Streiks hätte die Gewerkschaft erst nach Ende der Friedenspflicht ab Januar aufrufen können.
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Mit dem nun erzielten Verhandlungsergebnis, einer Lohnerhöhung von gut elf Prozent, zeigte sich die Gewerkschaft in einer Mitteilung zufrieden. Doch was in relativen Zahlen positiv klingt, ist in absoluten ernüchternd: Das Plus für die unterste Lohngruppe beträgt 1,50 Euro pro Stunde, verteilt über zwei Jahre. Damit steigt der Branchenmindestlohn, den laut IG BAU rund 500 000 Beschäftigte in der Branche erhalten, auf 15 Euro. Die Gewerkschaft hatte ursprünglich eine Steigerung von drei Euro gefordert.
»Die Chefs kassieren und erklären uns, dass die wirtschaftliche Lage keine Lohnsteigerung zulässt.«
Annette Hofmann Reinigerin
Der Kompromiss sorgte dann auch für Frust unter einigen Beschäftigten. »Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend«, sagte etwa Reinigerin und Gewerkschafterin Annette Hofmann im Gespräch mit »nd«. Die Lohnsteigerung sei viel zu gering angesichts der nach wie vor hohen Preise und geringen Gehälter, kritisiert sie. Aus ihrer Sicht hätte man noch mindestens das Ende der Friedenspflicht abwarten müssen, bis man eine Einigung erwägt. »Hätte es dann keine Bewegung von den Verbänden des Gebäudereinigerhandwerks gegeben, hätten wir streiken können«, sagt sie.
So aber blieb der nötige Druck aus und konnte auch eine weitere Kernforderung der Gewerkschaft nicht durchgesetzt werden. Sinnbildlich für ein gefordertes Weihnachts- und Urlaubsgeld war der Gereonsplatz in Köln mit undekorierten Weihnachtsbäumen gesäumt. »Dafür kämpfen wir schon seit zehn Jahren«, sagte Verhandlungsführerin Laux im Vorfeld der Gespräche. Doch bei dem Thema machte die Arbeitgeberseite vorerst dicht. Erst ab November nächsten Jahres soll darüber weiterverhandelt werden. Und das, obwohl das Gebäudereinigungshandwerk floriert und zuletzt mehr als 26 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaftete.
Für Reinigerin Hofmann aus Mannheim ist das ein Ausdruck des ausbeuterischen Wirtschaftssystems: »Wir sind es, die euch reich machen«, rief sie den Arbeitgebern zu, als der Demonstrationszug am Tagungsort vorbeikam. Leuchtfeuer wurden gezündet, und es wurde lauter. »Wir machen den Dreck im Schweiß unseres Angesichts weg. Aber die Chefs kassieren und leisten sich teure Autos, mit denen sie dann nach Köln kommen, um uns zu erklären, dass die wirtschaftliche Lage keine Lohnsteigerung zulässt«, so Hofmann.
Die Branche, in der hauptsächlich Frauen – viele mit Migrationshintergrund – arbeiten, gilt als Niedriglohnsektor. »Ich verdiene so wenig, dass die Rente praktisch ausbleibt«, erzürnte sich eine Reinigungskraft aus dem Ruhrgebiet. Nicht wenige, hört man am Rande der Tarifrunde, sind auf Minijob-Basis oder in Teilzeit angestellt und auf staatliche Aufstockung angewiesen.
In den Betrieben des Bundesinnungsverbands sind rund 80 Prozent der Beschäftigten angestellt. Es ist nach BIV-Angaben das größte Handwerk in Deutschland. Die jeweils zuständigen Gremien der Tarifvertragsparteien müssen noch bis spätestens 29. November der Vereinbarung endgültig zustimmen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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