Wasser für alle

MDF und SODI unterstützen in Südafrika den Aufbau einer selbstverwalteten Wasserversorgung

  • Vanessa Kohm, Sodi
  • Lesedauer: 5 Min.
Die Verbesserung des Wasserzugangs ist in Südafrika Ziel der Solidaritätskampagne.
Die Verbesserung des Wasserzugangs ist in Südafrika Ziel der Solidaritätskampagne.

Es ist früher Morgen, die Luft ist noch frisch, als Slindile Mpinga aus ihrem Haus tritt und zum nahe gelegenen Wassertank geht. Mit routinierten Handgriffen öffnet die 27-jährige Bäuerin das Ventil des Tanks. Ein leises Gluckern ist zu hören, dann plätschert das Wasser in den Eimer, den sie daruntergestellt hat. Slindile Mpinga wird damit gleich den Filtertopf der Tröpfchenbewässerung ihres Gemüsebeets auffüllen, das unter einem Schattennetz vor den hohen Temperaturen in der prallen Sonne geschützt ist. Das Wasser kommt aus einer Quelle oberhalb von Stulwane. Das Dorf liegt in der Nähe von Bergville in der Drakensberg-Region in der Provinz KwaZulu-Natal. Die Bewohner*innen haben die Quelle vor zwei Jahren mit Unterstützung der Mahlathini-Development Foundation (MDF) erschlossen.

»Früher musste ich sehr weit laufen, um Wasser zu holen«, erzählt Mpinga. »Die Erschließung der Quelle und das Leitungssystem haben das Wasser näher an mein Zuhause gebracht.« Die SODI-Partnerorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, kleinbäuerliche Familien in ländlichen Gebieten Südafrikas bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu unterstützen und ihre Lebensgrundlagen nachhaltig zu stärken. Ein zentrales Element ihrer Arbeit ist die Verbesserung des Zugangs zu Wasser für die Subsistenzlandwirtschaft und die Förderung eines gemeindebasierten Wassermanagements.

Soliaktion – Teilen macht satt

Die nd.Soliaktion, die wir gemeinsam mit SODI, INKOTA und Weltfriedensdienst durchführen, ermöglicht Menschen, eine lebenswerte Zukunft selbst zu gestalten. In diesem Jahr widmet sich die Solidaritätskampagne Projekten in Südafrika, Simbabwe sowie in El Salvador und Guatemala (Berichte zu allen Projekten hier). Mit Beträgen von 43 bis 240 Euro unterstützen Sie kleinbäuerliche Familien und Gemeinschaften vor Ort, Methoden zur Anpassung an den Klimawandel zu erlernen und mit traditionellem Wissen zu verbinden, um so ein nachhaltiges Auskommen zu schaffen sowie Armut entgegenzuwirken.

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Gut gefüllte Stauseen, Wassermangel bei den Menschen

In Südafrika ist Wasserverfügbarkeit ein großes Thema. Viele Stauseen sind zwar gut gefüllt, doch das Wasser kommt nicht bei den Menschen an. Besonders in den ländlichen Regionen fehlt es an Infrastruktur. »Eigentlich ist die Wasserversorgung Aufgabe der Kommunen. Doch es wird zu wenig in die Infrastruktur investiert«, erklärt die Leiterin von MDF, Erna Kruger. Auch Stulwane ist nicht ans Wassernetz angeschlossen. Trinkwasser beziehen die Haushalte über einen Tankwagen.

In der Trockenzeit von Mai bis August kommt es in den ländlichen Gebieten KwaZulu-Natals zu erheblicher Wasserknappheit. Durch den Klimawandel verschärft sich die Situation, da die Verdunstung aufgrund höherer Temperaturen zunimmt und die Trockenzeiten länger werden. Der Trockenanbau ohne künstliche Bewässerung stößt an seine Grenzen. In der Region KwaZulu-Natal wirkt sich der Mangel an Wasser bereits spürbar auf die Ernten aus. Die noch drastischere Lage in wärmeren Provinzen zeigt, was auf die Bauern und Bäuerinnen zukommt: »In Limpopo haben Bäuerinnen, die ihre Felder nicht bewässern können, bereits im fünften Jahr in Folge mit Ernteausfällen zu kämpfen«, erklärt Kruger.

Die Bewohner*innen von Stulwane haben die Verbesserung ihrer Wasserversorgung selbst in die Hand genommen. Unterstützt werden sie dabei von den MDF-Fachkräften. »Ein hydrologisches Team der Universität von KwaZulu-Natal kartierte potenzielle Wasserquellen und geeignete Standorte für Bohrlöcher rund um Stulwane. Gemeinsam wurde die Auswahl nach Zugänglichkeit und Wasserdurchfluss eingeschränkt. Im November 2021 haben wir einen Agraringenieur hinzugeholt, um das technische Potenzial der Quellen zu bewerten«, sagt Kruger. In zwei Workshops erarbeiteten die Dorfbewohner*innen gemeinsam mit ihm drei Konzepte für die Erschließung der Quellen.

Auf einer Vollversammlung entschieden sie sich für ein Konzept, das die Nutzung einer bislang vor allem von Vieh genutzten Quelle vorsieht. Diese Quelle wird nun teilweise unterirdisch gefasst und speist über Rohrleitungen zwei Sammeltanks mit einem Fassungsvermögen von je 10 000 Litern sowie Entnahmetanks in der Nähe einzelner Häusergruppen. Das System arbeitet nach dem Schwerkraftprinzip. Das Wasser fließt allein durch das natürliche Gefälle des Geländes. Da es ohne Pumpen auskommt, ist es wartungsarm und verursacht kaum laufende Kosten. So erhalten 28 der 99 Haushalte rund 380 Liter pro Tag – etwa zwei Badewannenfüllungen.

Eine weitere Quelle flussabwärts bleibt unangetastet, damit sie weiterhin allen in vollem Umfang zur Verfügung steht. Gemeinsam mit den MDF-Fachkräften verlegten die beteiligten Familien die Leitungen und Sammeltanks. Unter Anleitung hoben die Bewohner*innen 20 Kilometer Gräben aus, um ein gleichmäßiges Gefälle zu gewährleisten, sodass die Tanks über Nacht automatisch befüllt werden können, ohne dass Luftblasen den Wasserfluss stören. Neben ihrer Arbeitskraft trugen die Bewohner*innen auch einen finanziellen Eigenanteil zur Beschaffung der Rohre und Tanks.

Wasserkomitees organisieren eine faire Verteilung

MDF befähigt die Dorfbewohner*innen in Schulungen, ihre Wasserversorgung eigenständig sowie effektiv und nachhaltig zu managen. Sie werden dabei unterstützt, sich in Wasserkomitees zu organisieren, in denen sie die Wasserverteilung, Wartung und Qualitätskontrolle organisieren. MDF vermittelt zudem Methoden für einen fairen Interessenausgleich zwischen den Wassernutzer*innen, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und die Ökosysteme zu schützen. »Unsere Erfahrung zeigt, dass dies nur mit strengen, gemeinschaftlich erarbeiteten Regeln gelingt. Deshalb unterstützen wir die Wasserkomitees bei der Ausarbeitung von Statuten. Es gibt Beispiele von Wasserkomitees, die seit über 20 Jahren aktiv sind«, erklärt Erna Kruger. Sie und ihr Team ermutigen Dorfgemeinschaften, sich ebenfalls bei den staatlichen Wasserbehörden für ihre Belange einzusetzen. Interessierte Gemeinden werden beispielsweise bei der Gründung von Wasserwirtschaftsausschüssen und bei der Teilnahme an den regionalen Wasserforen unterstützt.

Nelisiwe Msele ist im Wasserkomitees in Stulwane aktiv. Durch den verbesserten Zugang zu Wasser und Schulungen von MDF zu ressourcenschonenden und klimaresilienten Anbaumethoden konnte die 51-Jährige ihre Felder vergrößern und die Erträge steigern. Heute bewirtschaftet sie eine 1000 Quadratmeter große Parzelle, auf der sie Gemüse nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für den Verkauf anbaut. »Die Teilnahme am Projekt hat meinen Traum vom eigenen Geschäft wahr werden lassen«, sagt sie.

Insgesamt unterstützen SODI und MDF rund 500 bäuerliche Familien in den Provinzen Limpopo, Ostkap und KwaZulu-Natal dabei, mit agrarökologischen Methoden und der Verbesserung ihrer Wasserversorgung die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen. Aktuell plant Nelisiwe Msele mit ihren Nachbar*innen die Erschließung der nächsten Wasserquelle. Damit soll der Zugang zu Wasser für weitere 75 Kleinbauernfamilien in Stulwane verbessert werden.

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