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Sächsische Schweiz: Elbquerung mit Spannungsabfall
Untersuchungen an gesperrter Brücke in Bad Schandau laufen. Suche nach Aternativen schwierig
Die seit drei Wochen gesperrte Elbbrücke in Bad Schandau wird geöffnet, allerdings nicht für den Verkehr, sondern im Wortsinne: Für eine detailliertere Untersuchung werden Öffnungen in dem Bauwerk geschaffen. Dabei soll der Zustand von sogenannten Spanngliedern begutachtet werden, die für dessen Standfestigkeit entscheidende Bedeutung haben. Abhängig vom Ergebnis soll bis Jahresende entschieden werden, ob die Brücke, gegebenenfalls mit Einschränkungen, wieder für den Verkehr freigegeben werden kann oder »ob der Worst Case eintritt und sie gar nicht wieder geöffnet werden kann«, sagte Stephan Berger, Abteilungsleiter Mobilität im sächsischen Wirtschaftsministerium, bei einem Ortstermin.
Die Brücke, über die die Bundesstraße 172 führt, war am 6. November völlig überraschend und mit sofortiger Wirkung für jeglichen Verkehr gesperrt worden. Die drastische Maßnahme erfolgte nach einer Sonderprüfung, die nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden Ende September eingeleitet wurde. Dort war mitten in der Nacht ohne Vorwarnung ein Brückenfeld kollabiert. In beiden Fällen handelt es sich um Spannbetonbrücken, bei denen ähnliches Material verbaut wurde.
Die Brücke in Bad Schandau ist insgesamt knapp 300 Meter lang; die Elbe wird von einem 100 Meter langen Hauptfeld überspannt. Dieses wird durch ein sogenanntes Unterspannband gestützt: eine bogenförmige Konstruktion, die unter Spannung steht und über mehrere Streben von unten gegen die Fahrbahn drückt. Bewerkstelligt wird das von Spanngliedern aus einem Spezialstahl, der in Henningsdorf hergestellt und bis in die 80er Jahre in der DDR in Brücken verbaut wurde. Er gilt als anfällig für Spannungsrisse und neige, wie das sächsische Landesamt für Straßenbau und Verkehr formuliert, »unter bestimmen mechanischen und chemischen Voraussetzungen zu spontanem Versagen«. In der Brücke in Bad Schandau sind im Unterspannband 82 Spannseile verbaut. Bei der jetzigen Prüfung solle herausgefunden werden, ob ihr Korrosionsschutz intakt sei oder ob es Beschädigungen gebe, sagte Lars Roßmann, Abteilungsleiter Ingenieurbau im Landesamt für Straßen und Verkehr.
»Wir müssen auf die Spannbetonbrücken aus DDR-Zeiten besondere Aufmerksamkeit richten.«
Martin Dulig Verkehrsminister Sachsen
Bei der Sonderprüfung der Brücke waren Längs- und Querrisse festgestellt worden, aus denen rostiges Wasser austrat. Zudem stellten Fachleute fest, dass sich das Hauptfeld unerwartet stark gesenkt hatte, was auf ein Nachlassen der Spannung hindeute. Auch in diesem Fall sei daher ein »spontanes Versagen der Tragkonstruktion ohne vorheriges Ankündigen nicht auszuschließen«, hieß es. Die letzte turnusmäßige Prüfung der Brücke, die zwischen 2001 und 2003 grundlegend instand gesetzt worden war, hatte 2023 stattgefunden. Sie erhielt dabei die Note 2,5 auf einer vierstufigen Skala.
Die Brücke ist eine wichtige Verkehrsader in der Sächsischen Schweiz. Sie wird im Schnitt von knapp 7000 Autos am Tag genutzt und spielt eine wichtige Rolle für den Ausflugsverkehr in die Sächsische und Böhmische Schweiz, nicht zuletzt aber auch für Pendler und Handwerksbetriebe. Diese müssen jetzt lange Umleitungen über Pirna oder das tschechische Děčín in Kauf nehmen. Der Weg vom Markt in Bad Schandau zum Bahnhof auf der anderen Elbseite verlängert sich von wenigen Minuten auf knapp eine Stunde. Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden, beklagt »gravierende wirtschaftliche Auswirkungen« auf Betriebe in der Region und nannte die über 40 Kilometer lange Umleitung »in keiner Weise akzeptabel«. Er erinnerte den Freistaat an seine Pflicht, eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten, und forderte, »schnellstmöglich« Abhilfe zu schaffen.
Dafür werden verschiedene Varianten diskutiert. Fußgänger können auf Fähren ausweichen, die derzeit kostenlos genutzt werden können. Als mögliche Alternativen für den Autoverkehr galt die Errichtung einer Pontonbrücke durch die Bundeswehr. Das lasse sich nach eingehender Prüfung nicht umsetzen, weil die Schifffahrt dauerhaft beeinträchtigt wäre und bei Hochwasser zu starke Strömungen aufträten, sagte Berger. Noch geprüft wird der Umbau einer benachbarten älteren Brücke, die früher als Straßen- und Eisenbahnquerung genutzt wurde und über die aktuell nur alle zwei Stunden ein Zug fährt. Die Einrichtung einer Fährverbindung für Autos scheitere an der fehlenden Verfügbarkeit einer entsprechenden Fähre, sagte Berger.
Ob die Probleme auf die Brücken in Dresden und Bad Schandau beschränkt bleiben, muss sich zeigen. Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) hatte kürzlich einen Bericht zum Zustand der Brücken im Freistaat vorgelegt. 90 Prozent der gut 2500 Bauwerke seien in sehr gutem bis ausreichendem Zustand. Allerdings habe sich der Anteil der Brücken mit den schlechtesten Noten seit 2020 erhöht. Man brauche, betonte Dulig, »mehr Geld für Brückensanierungen« und müsse »vor allem auf die älteren Bauwerke, hier speziell die Spannbetonbrücken aus DDR-Zeiten, besondere Aufmerksamkeit richten«. Von diesen gibt es in Sachsen 19, die nun näher untersucht werden sollen. Sie würden »nicht automatisch als einsturzgefährdet« gelten, betonte Dulig. Man müsse sie sich aber wegen des Materials und der Bauweise »gründlich ansehen«. Als besondere Problemfälle gelten zwei weitere Brücken in Bad Schandau sowie je eine in Leipzig und bei Grimma.
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