- Kommentare
- Syrien
Gegen Assad: Gute Islamisten?
Jakob Helfrich zur Berichterstattung über die eskalierenden Kämpfe in Syrien
Rebellen, Opposition, Aufständische, Befreier – die Deutsche Medienlandschaft rauft sich die Köpfe, wie sie denn jetzt diese Milizen in Syrien nennen soll. Einige Vertreter haben ihre Antwort darauf anscheinend schon gefunden, die Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) sind für sie anscheinend die Lösung für die Machtkämpfe in Syrien. Der Al-Qaida-Nachfolger sei ja eigentlich gar nicht mehr so dschihadistisch.
Zwar hat sich die HTS vielleicht mit Al-Qaida und dem Islamischen Staat überworfen, dass sich ihr Anführer Abu Muhammad Al-Dschaulani aber in eben diesen Organisationen hochgearbeitet hat und in ihrem Auftrag den HTS Vorgänger der Al-Nusra-Front aufbaute, ist nicht zu verleugnen. Auch dass die Konflikte mit anderen islamistischen Organisationen vor allem taktischer und machtpolitischer Natur waren, wird anscheinend gerne vergessen, solange es gegen das Joch aus Assad und Russland geht.
Dass sich Al-Dschaulani und seine Kämpfer zuletzt von ihren islamistischen Wurzeln gelöst haben sollen, ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Aufnahmen, die sowohl HTS als auch andere Milizen mit Aufnähern des IS zeigen, die Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit sowie willkürliche Festnahmen in den HTS-Gebieten waren in den vergangenen Jahren für alle sichtbar. Auch jetzt meldete etwa die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erneut Gräuel wie Hinrichtungen und Verschleppungen an Zivilisten durch diese vermeintliche Opposition. Nur weil sich jetzt die HTS einmal so gütig gibt und behauptet, sie werde Minderheiten nichts antun, sollte man dem keinen Glauben schenken.
Bei den Taliban sehen wir, wie es endet, wenn sich Islamisten auf internationaler Bühne gut stellen. Man sollte denken, deutsche Medien hätten daraus gelernt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.