Hoffnung auf Waffenruhe in Gaza

Hamas sendet nach Medienberichten angeblich Signale der Kompromissbereitschaft

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 5 Min.
Eine Palästinenserin trauert neben den Leichen ihrer Angehörigen, die Donnerstagnacht bei israelischen Luftangriffen auf Gaza-Stadt im arabischen Al-Ahli-Krankenhaus getötet wurden.
Eine Palästinenserin trauert neben den Leichen ihrer Angehörigen, die Donnerstagnacht bei israelischen Luftangriffen auf Gaza-Stadt im arabischen Al-Ahli-Krankenhaus getötet wurden.

Durch den Umbruch in Syrien ist der Gaza-Krieg weitgehend in Vergessenheit geraten, dabei greift die israelische Armee weiter Ziele an verschiedenen Orten im Gazastreifen an. Nach palästinensischen Angaben sind dabei am Donnerstag 38 Menschen getötet worden. Darunter seien auch 13 palästinensische Begleiter einer Lieferung von Hilfsgütern im Süden des Gazastreifens, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Das israelische Militär begründet die tödlichen Angriffe auf Zivilisten wie stets damit, dass Geheimdienstinformationen zufolge dort bewaffnete Hamas-Kämpfer versteckt gewesen seien. Die Armee habe zwei verschiedene »Treffpunkte im Süden des Gazastreifens gezielt angegriffen«. Die Hamas-Kämpfer seien angeblich »auf dem humanitären Korridor im Süden des Gazastreifens im Einsatz« gewesen, hieß es weiter, angeblich, um Lastwagen mit Hilfsgütern abzugreifen. Die Armee habe so die sichere Lieferung humanitärer Hilfe an Zivilisten zu gewährleisten versucht.

Gespräche über Waffenruhe

Derzeit wird wieder über eine Feuerpause im Gazastreifen verhandelt. Angeblich sei die Hamas zu Zugeständnissen bereit. Die Hamas würde demnach einer vorübergehenden israelischen Truppenpräsenz im Gazastreifen auch nach Einstellung der Kämpfe zustimmen, berichtete das »Wall Street Journal« unter Berufung auf arabische Vermittler. Außerdem habe die Hamas eine Liste mit den Namen von Geiseln übergeben, die dann freigelassen würden. Damit wären zwei Kernforderungen der israelischen Seite erfüllt. Israels Verteidigungsminister Israel Katz sprach bei einem Telefongespräch mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin von einer »Chance für ein neues Abkommen«.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hatte Mittwochnacht per Resolution eine sofortige, bedingungslose und andauernde Waffenruhe im Gazastreifen gefordert sowie die sofortige Freilassung der Geiseln. Diesmal stimmte Deutschland zusammen mit 157 weiteren Mitgliedsländern für den Entwurf, neun dagegen – darunter die USA und Israel.

Kritk an deutscher Unterstützung für Israel

Deutschland war zuvor von Menschenrechtsexperten in Genf erneut für die Unterstützung Israels beim Krieg im Gazastreifen scharf kritisiert worden: Deutschland und die USA liefern 99 Prozent der Waffen, die nach Israel exportiert werden», sagte der UN-Sonderberichterstatter für die Einhaltung von Menschenrechten im Antiterrorkampf, Ben Saul, in Genf. «Sie könnten diesen Konflikt über Nacht beenden, wenn sie die Waffen stoppen würden, die Palästinenser töten.»

Die Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte der Palästinenser in den besetzten Gebieten seit 1967, Francesca Albanese, verlangte ein Ende der Waffenlieferungen an Israel aus Deutschland und anderen Ländern. Sie warf Israel erneut Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Albanese verlangte auch erneut, die Mitgliedschaft Israels in den Vereinten Nationen auszusetzen.

«Wir dürfen uns keinesfalls zurückziehen.»

Boris Pistorius 
Deutscher Verteidigungsminister

Jack Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, hat Gespräche über die dramatischen Umwälzungen in der Nahost-Region aufgenommen. Er traf in Jerusalem zunächst den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Anschließend wurde er auch in Ägypten und Katar erwartet.

Netanjahus Büro teilte mit, er habe mit Sullivan über die Entwicklungen in der Region gesprochen, besonders über die jüngsten Ereignisse in Israels Nachbarland Syrien. Diese veränderten die regionale Realität. Israel werde alles unternehmen, um seine Bürger zu schützen, und habe daher vorübergehend die Kontrolle der Pufferzone zwischen den besetzten Golanhöhen und Syrien übernommen. Diese sollten dort bleiben, bis eine «effektive Kraft» dort das Truppenentflechtungsabkommen von 1974 durchsetzen könne.

US-Außenminister auf Nahost-Tour

Bei Sullivans Gesprächen in der Region sollte es auch um die Bemühungen zur Freilassung der Geiseln gehen, nachdem es zuletzt Berichte über mögliche Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe gab. Auch US-Außenminister Antony Blinken führt erneut Gespräche im Nahen Osten und wurde am Donnerstag in Jordanien erwartet, bevor er in die Türkei weiterreist, wie das Außenministerium mitteilte.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius macht sich nach dem Umsturz in Syrien für eine verstärkte Zusammenarbeit zur Stabilisierung der Lage im Nahen Osten stark.

Deutschland will in Nahost mitreden

«Wir dürfen uns keinesfalls zurückziehen», sagte Pistorius in der irakischen Hauptstadt Bagdad in einem für die ARD-«Tagesthemen» geführten Interview. «Durch den Sturz Assads in Syrien ist nicht klar, in welche Richtung sich die Region, in welche Richtung Syrien sich entwickelt.»

Europa und Deutschland könnten und dürften «sich nicht erlauben, hier nur Zuschauer zu sein. Dafür ist die Region zu wichtig», sagte der Minister. Für Deutschland könne das auch bedeuten, mit den neuen Machthabern in einem «neuen Syrien» zusammenzuarbeiten, «wenn sie denn die Chance nutzen, die sich ihnen jetzt bietet, und sie schnell für etwas Ruhe sorgen können, auf der man dann aufsetzen kann». Mit Agenturen

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