Downgrade beim Schulneubau

Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) sieht Sparpotenzial bei der Planung neuer Schulen

Christian Gaebler (SPD), Berliner Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen will beim Schulbau sparen.
Christian Gaebler (SPD), Berliner Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen will beim Schulbau sparen.

Bröckelnder Putz, zu wenig Gebäude, zu kleine Räume für die Klassen – um die Berliner Schulen ist es nicht gut bestellt. Um diesem Zustand etwas entgegenzusetzen, hat die Berliner Verwaltung schon 2016 die Schulbauoffensive in die Wege geleitet. 60 000 neue Schulplätze sollen geschaffen werden, bis zum Schuljahresbeginn 2024/25 sind nach Senatsangaben 44 000 entstanden. Für 2025 sind 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt. Bausenator Christian Gaebler (SPD) bringt nun angesichts der angespannten Situation im Haushalt für zukünftige Projekte eine Absenkung der Baustandards in Spiel.

»Wir müssen aber für die neuen Projekte, die jetzt noch ausgeschrieben werden, die Standards noch mal überprüfen«, sagte Gaebler. Dazu sei er mit der Bildungsverwaltung in der Abstimmung. Es sei eine Herausforderung für das nächste Jahr, endlich die gemeinsame Richtlinie für den Schulbau in einer neuen, etwas flexibleren Fassung herauszugeben. »Man muss da – auch angesichts der aktuellen Haushaltssituation – gucken, ob die Bildungsverwaltung an der einen oder anderen Stelle über ihren Schatten springt«, sagte Gaebler.

»Was nicht heißen soll, dass ich alle pädagogischen Standards über Bord werfen will, aber überbordende Standards tatsächlich mal infrage stelle.« Als ein Beispiel nannte der Senator das Thema Raumhöhen. »Dann die Frage, wie viel Bewegungsfläche eingeplant wird. Wie viel Fläche für die Mensa brauche ich tatsächlich?« Es gehe vor allem um Raumfragen und auch Mindestmaße, so Gaebler weiter. Manchmal streite man sich da um einen Quadratmeter, der aber in der Summe eine Menge ausmachen könne. »Das ist unser Hauptanliegen, dass wir da einfach flexibler werden«, so der Senator.

Aber kann man den Schulbau verändern, ohne die pädagogischen Anforderungen zu schleifen? »Von überbordenden Standards kann wirklich keine Rede sein«, empört sich die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Franziska Brychcy, im Gespräch mit »nd«. Die Anforderungen an Schulen hätten sich geändert, erklärt die Bildungsexpertin. »Wenn man Ganztagesschulen machen will, Familienzentren und Sozialarbeiter*innen an der Schule haben will, dann muss man natürlich anders bauen als eine Flurschule vor
100 Jahren.« Es dürfe nicht sein, dass wegen der Schuldenbremse nun die Schüler*innen auf Sport, Horträume, Mensa, Schulhof und Inklusion verzichten sollen.

Die aktuelle Situation sei sowieso schon desolat. »Es gibt Schulen ohne Außenflächen und ohne Sporthallen«, so Brychcy. Teilweise würden die Schulhöfe mit modularen Ergänzungsbauten zugebaut, um überhaupt den steigenden Bedarf decken zu können. »In Pankow werden teilweise Bibliotheken als Klassenräume benutzt und in den modularen Ergänzungsbauten stehen nur Stühle und Tische drin, nicht mal ein Regal passt da rein.«

»Ich verstehe nicht, warum Herr Gaebler sich mit unqualifizierten Thesen meldet«, so Brychcy weiter. »Uns fehlen aktuell 28 000 Schulplätze.« Nur wenn alle geplanten Kapazitäten umgesetzt würden, könne man bis 2040 den Mangel auf 15 000 Schulplätze senken. »Der Schulbau ist nicht das Sparschwein, mit dem man den Haushalt sanieren kann.« Mit dpa

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