Habersaathstraße: Neuer Räumungsversuch

Seit Jahren versucht ein Investor, das Wohnhaus in Berlin zu entmieten, um dort neu zu bauen

Trotz aller Versuche die Habersaathstraße 40-48 zu entmieten: Noch immer leben dort Menschen.
Trotz aller Versuche die Habersaathstraße 40-48 zu entmieten: Noch immer leben dort Menschen.

Wie immer, wenn es um die Habersaathstraße geht, ist der Andrang groß. Vor dem Amtsgericht Mitte wurde am Mittwoch eine weitere Räumungsklage gegen einen Mieter verhandelt. Justizbeamte mussten den kleinen Saal um zwei Bänke aufstocken, damit alle Zuschauer*innen Platz finden. Anders als in vorherigen Klagen geht es dieses Mal aber nicht um eine sogenannte Verwertungskündigung, also um eine Kündigung wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung. Daniel Diekmann soll seine Wohnung räumen, weil er seine Miete für ein Jahr an ein falsches Konto überwiesen hat.

Um das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité in der Habersaathstraße gibt es seit Jahren Konflikte. Ein Teil ist von ehemaligen Obdachlosen besetzt. Die Eigentümergesellschaft Arcadia Estates Habersaathstraße 40-48 GmbH will das Gebäude eigentlich abreißen und dort neu bauen. Seit Mitte 2024 liegt eine Abrissgenehmigung des Bezirks vor. Doch vor einem Abriss müssten die Mieter*innen ausziehen. Immer wieder hat Arcadia Estates versucht, das Haus zu entmieten, ist damit aber juristisch immer wieder gescheitert.

Dass Diekmann die Miete im Zeitraum von Oktober 2023 bis Oktober 2024 gezahlt hat, ist unstrittig. Der Richter klärt zu Beginn der Verhandlung auf: Strittig sei, ob Diekmann darüber informiert worden sei, dass er das auf ein neues Konto hätte machen müssen. »Es kommt darauf an, ob die Schreiben angekommen sind.« Die Vermieterseite ist sich sicher, dass das entsprechende Schreiben zugestellt wurde. Sie will im Laufe des Prozesses zwei Zeugen dafür aufführen.

Zu einer gütlichen Einigung kommt es am Mittwoch nicht. Diekmann, der seit 20 Jahren in dem Haus wohnt, will seine Wohnung nicht verlassen, auch nicht in eine angebotene Ersatzwohnung ziehen. Die Eigentümer bestehen auf der Räumung. Im Juli will der Richter den Prozess fortsetzen und dann Zeug*innen anhören.

Gegen Diekmann läuft noch ein weiteres Räumungsverfahren, eine Verwertungskündigung. Schon die dritte, wie er sagt. »Für mich ist das eine ganz klare Sache: Die Mietparteien sollen hier ausziehen«, sagt er im Gespräch mit »nd«. In der Vergangenheit sei vor Gerichtsverfahren die Situation immer wieder eskaliert. Als einmal die Schlösser ausgetauscht wurden, sei er drei Tage lang nicht in seine Wohnung gekommen. Auch das Wasser sei ihm vorübergehend abgestellt worden. Zurzeit hat er kein warmes Wasser. »Und Nebenkostenabrechnungen werden auch nicht mehr gemacht.« Von außen zugängliche Briefkästen fehlten ebenfalls, so Diekmann. »Probleme mit der Postzustellung sind ja nichts Neues.«

»Ich bin doch nicht dämlich«, entgegnet er auf die Frage, ob er denn ein Schreiben mit der neuen Kontoverbindung bekommen habe. Seit Jahren führe er Auseinandersetzungen mit dem Vermieter. Wenn er dann ein Schreiben bekommen hätte, hätte er natürlich an eine neue Kontoverbindung überwiesen, sagt er. Stutzig macht ihn, dass die Hausverwaltung erst nach einem Jahr bemerkt haben will, dass auf ihrem Konto keine Miete von ihm eingegangen ist. Für ihn ist klar: »Hier wird versucht, auf diesem Weg die gescheiterten Verwertungskündigungen doch noch durchzusetzen.«

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