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Hat BSW-Mann Quasebarth die Öffentlichkeit belogen?

Der Thüringer Landtags-Vizepräsident behauptete, Verbände hätten das BSW zur Regierungsbeteiligung gedrängt. Von ihm genannte Akteure bestreiten das

Steffen Quasebarth, Thüringer BSW-Politiker
Steffen Quasebarth, Thüringer BSW-Politiker

Der BSW-Mann Steffen Quasebarth ist erkennbar stolz darauf, dass er es innerhalb weniger Monate vom Nicht-Politiker zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtages geschafft hat. Aus seiner Sicht lag es deshalb bestimmt nahe, zumindest indirekt auch mithilfe seines neuen Amts auf dem BSW-Parteitag in Ilmenau im Dezember für eine Beteiligung seiner Partei am Thüringer Brombeer-Bündnis zu werben – was diese dann auch tat.

Nachdem er zum Vizepräsidenten gewählt wurde, hätten ihn viele Glückwunschschreiben erreicht, hatte Quasebarth damals den anderen Mitgliedern des BSW gesagt. Im Anschluss an diese Briefe habe er viele Gespräche in seinem Vizepräsidentenbüro im Landtag geführt, unter anderem mit Vertretern verschiedener Vereine und Verbände, die ja Tausende Menschen in Thüringen repräsentierten. Diese Gespräche, sagte Quasebarth, hätten ihn fasziniert. Denn »jeder Verbandsvertreter« habe »ein und dieselbe Botschaft« für ihn und seine Partei gehabt: Das BSW müsse sich an der Regierung beteiligen, denn seine Kraft werde dort gebraucht. »Ich habe jedes Mal Gänsehaut gekriegt, als ich das gehört habe«, hatte Quasebarth gesagt.

Zwei Organisationen, von denen Quasebarth ausdrücklich behauptet hatte, sie hätten sich derart Pro-BSW und Pro-Brombeere geäußert: der Verband Bildender Künstler Thüringen und der Paritätische Wohlfahrtsverband.

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Schon damals auf dem Parteitag war diese Aussage bemerkenswert. Immerhin verhalten sich die allermeisten Vereine und Verbände parteipolitisch neutral, was vor allem zwei Gründe hat. Zum einen kommen in den allermeisten derartigen Organisationen Menschen zusammen, die unterschiedlichste parteipolitische Präferenzen haben. Würde sich also etwa der Landessportbund als Dachorganisation aller Thüringer Sportvereine für eine Partei aussprechen, würde er einen erheblichen Teil seiner Mitglieder vor den Kopf stoßen.

Der »äußere« Grund hat nicht zuletzt mit Geld zu tun, über dessen Verteilung auch an Vereine und Verbände alle Parteien im Landtag oder einem anderen Parlament entscheiden. Und weil sich die Zusammensetzung von Parlamenten regelmäßig ändert, äußern sich die allermeisten Vereine und Verbände eben nicht über mögliche parteipolitische Präferenzen.

Nun bestreiten die Landesspitzen sowohl des Verbandes Bildender Künstler als auch des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, dass es die von Quasebarth behaupteten Gespräche überhaupt gab. Ganz zu schweigen von deren angeblichem Inhalt.

»Ich kann Ihnen sagen, dass wir seitens des Vorstandes oder der Geschäftsführung keinen Termin mit Herrn Quasebarth im Landtag hatten«, sagt die Geschäftsführerin des Verbands Bildender Künstler Thüringen, Michaela Hirche. Denkbar sei höchstens, dass Quasebarth im Verband organisierte Künstler auf anderen Veranstaltungen getroffen und mit ihnen gesprochen habe. Doch daraus ein Bekenntnis des Verbandes zum BSW abzuleiten, wie Quasebarth das tue, sei falsch. »Wenn eine einzelne Person für sich die Haltung vertritt, dass das BSW in die Regierung eintreten sollte, dann wäre das etwas, das unsere Gremien für uns als Haltung des Vereins nicht mittragen würden«, sagte Hirche. »Wir sind immer mit allen im Gespräch, um unsere Positionen vorzutragen.«

Ganz ähnlich sagt es eine Sprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Es habe kein Gespräch von Verbandsvertretern mit Quasebarth in dessen Vizepräsidentenbüro gegeben. Und schon gar nicht habe sich der Verband ihm gegenüber parteipolitisch geäußert. »Koalitionsempfehlungen sprechen wir nicht aus.« Richtig sei aber, »dass wir mit allen demokratischen Parteien Gespräche geführt haben, auch mit dem BSW«.

Quasebarth selbst sagt, er könnte erklären, warum diese beiden von ihm vor einigen Wochen explizit genannten Organisationen seinen damaligen Angaben widersprechen. »Genau genommen habe ich sogar mehr als eine Erklärung, meint er, erläutert das aber nicht. Er betont aber, er halte an seiner damaligen Darstellung fest.

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