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Bundesgerichtshof schickt sechs Antifas in Untersuchungshaft

Haftprüfung für aufgetauchte Aktivist*innen in Karlsruhe, Soliaktionen in mehreren Städten

In verschiedenen Städten gab es am Montagabend Solidaritätsaktionen für die nach zwei Jahren Aufgetauchten.
In verschiedenen Städten gab es am Montagabend Solidaritätsaktionen für die nach zwei Jahren Aufgetauchten.

Sieben Antifa-Aktivist*innen haben sich am Montag den Behörden gestellt. Allen werden die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzungen beim rechtsextremen »Tag der Ehre« vor zwei Jahren in Budapest vorgeworfen. Die Haftprüfungen beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe begannen noch am Abend. Nach Informationen des »nd« wurden alle sieben in Untersuchungshaft genommen, obwohl ihre Anwält*innen wegen fehlender Fluchtgefahr Haftverschonung beantragt hatten.

Gegen sechs Betroffene liegen nationale Haftbefehle der Generalbundesanwaltschaft vor, wie die Behörde am Dienstag öffentlich machte. Lediglich Zaid A. aus Nürnberg wird ausschließlich per ungarischem Haftbefehl gesucht. Er hatte sich mit seiner Rechtsanwältin bei der Polizei in Köln gestellt. Die ungarische Justiz hat nun 60 Tage Zeit für einen Überstellungsantrag. Das Oberlandesgericht Köln wird den Haftbefehl aber noch diese Woche prüfen.

Auch Luca S. war in Köln zur Polizei gegangen. Ihr deutscher Haftbefehl wurde in Vollzug gesetzt, wie ihre Anwältin Antonia von der Behrens bestätigt. S. wurde auf Geheiß der Bundesanwaltschaft in die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Bielefeld-Brackwede überstellt – und damit weitab von ihrem Lebensmittelpunkt und ihrer Familie in Leipzig, kritisiert von der Behrens gegenüber »nd«. Ähnlich erging es der früher in Jena lebenden Paula P., die am Montag in die JVA Wuppertal-Ronsdorf gebracht wurde, sowie Clara W., die ihre Untersuchungshaft in Hamburg verbringen muss. Ebenfalls angehört wurden Nele A., Moritz S. sowie Paul M.

Im Falle einer Auslieferung nach Ungarn drohen den dort Gesuchten bis zu 24 Jahren Haft unter menschenunwürdigen Bedingungen. So jedenfalls lautet die Anklage der nicht-binären Aktivist*in Maja T., die im Sommer nach Budapest überstellt wurde. Gegen sie fordert die Staatsanwaltschaft 24 Jahre »verschärfte Strafhaft«. Gegen Paul M. liegt zudem ein weiterer Haftbefehl für Taten vor, die er im Kontext der sogenannten »Antifa Ost« in Deutschland begangen haben soll.

Die Beschuldigten, von ihren Anwält*innen als »junge Antifaschist*innen« im Alter zwischen 21 und 27 Jahren beschrieben, hatten bereits zuvor ihre Stellung angeboten – unter der Bedingung eines Verfahrens in Deutschland. Die Behörden zeigten sich aber nicht gesprächsbereit. Möglicherweise spielte die nahende Bundestagswahl bei dem Auftauchen eine Rolle: Der Generalbundesanwalt untersteht als politischer Beamter dem weisungsbefugten Justizministerium. Mit einem erwarteten Rechtsruck der Bundesregierung könnten die Chancen für eine zugesicherte Strafverfolgung in Deutschland sinken.

Die Justizbehörden in Deutschland und Ungarn führen nach Angaben der Verteidiger*innen mehr als zwölf Verfahren gegen verschiedene Beschuldigte. Alle stehen im Zusammenhang mit den Vorfällen beim »Tag der Ehre« in Budapest. Zu diesem Komplex gehört auch der Fall von Hanna S., deren Anklage wegen Mordversuchs im Februar am Oberlandesgericht München beginnen soll.

Am Montagabend fanden in Essen, Nürnberg, Leipzig und Jena Solidaritätsaktionen für die Aufgetauchten statt. In Bremen-Vahr wurden vor der Polizeiwache, wo eine der Beschuldigten festgehalten wurde, nach Angaben der Soligruppe BASC Feuerwerke gezündet.

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