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Amtshilfe für Libyen
Italienische Justiz lässt international Gesuchten frei
Auf Nadschim Osama Almasri Habisch war ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ausgestellt wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Am Wochenende verhaftete ihn die italienische Polizei in Turin, dank eines Hinweises von Interpol, wie die britische Tageszeitung »The Guardian« berichtet. Doch am Dienstag ist er wieder auf freiem Fuß, nimmt den Flieger zurück nach Tripolis und wird dort wie ein Held gefeiert. Dabei werden ihm schwere Straftaten zur Last gelegt. Almasri soll Chef der libyschen Kriminalpolizei und Leiter des Gefängnisses Mitiga sein, das bei Menschenrechtsgruppen einen schlechten Ruf hat: Politische Dissidenten, Migranten und Flüchtlinge seien dort willkürlich inhaftiert, gefoltert und misshandelt worden.
Wie war das möglich? Ersten Rekonstruktionen zufolge lag ein Verfahrensfehler vor. Der Haftbefehl war am Morgen des 18. Januar ausgestellt worden, also am Tag der Verhaftung, berichtet die italienische Tageszeitung »La Stampa« aus Turin. Angeblich hätten es die Polizisten jedoch versäumt, Rücksprache zu halten mit dem Justizministerium und dem Berufungsgericht in Rom, wie es in solchen Fällen üblich sei. Nach der Verhaftung in Turin habe das Justizministerium keinen förmlichen Antrag an das Berufungsgericht gestellt, daher die Entscheidung des Richters: sofortige Freilassung.
»Italienische Regierung schützt libysche Menschenhändler«
Die Freilassung von Almasri ist eine große Enttäuschung für Menschenrechtsgruppen. Der Vorsitzende von Sinistra Italiana, Nicola Fratoianni, kritisierte die italienische Regierung: »Wenn diese Person Italien sicher verlassen kann, wird natürlich allen klar sein, dem Internationalen Strafgerichtshof, Interpol, der internationalen Gemeinschaft und den Bürgern unseres Landes, dass die derzeitige italienische Regierung die libyschen Menschenhändler und Folterer schützt.«
Der Fall wirft ein Schlaglicht auf das 2017 unterzeichnete Abkommen zwischen Italien und Libyen: Italien finanziert und rüstet seitdem die libysche Küstenwache aus, damit diese Flüchtlingsboote an der Überfahrt nach Europa hindert. Menschenrechtsgruppen zufolge würden die Flüchtlinge dadurch in Internierungslager zurückgedrängt, wo sie Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind.
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