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Zügige Tarifrunde bei der Bahn
Eisenbahngewerkschaft und Deutsche Bahn wollen sich vor Bundestagswahl einigen
Bei der Deutschen Bahn AG hat am Dienstag die nächste Tarifrunde mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) begonnen. Das Unternehmen legte bereits zu Beginn der Verhandlungen ein Angebot vor und bot 4 Prozent Gehaltssteigerung bei einer Laufzeit von 37 Monaten – für die EVG zu wenig, zu spät und zu wenige betreffend. Beide Parteien betonten jedoch, möglichst noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar einen Abschluss erzielen zu wollen. Der EVG sei es wichtig, jetzt einen Tarifvertrag zu verhandeln, der für Beschäftigungssicherung auch über den Regierungswechsel hinaus sorgt, erklärte Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay vor Beginn der Tarifrunde.
Die EVG fordert für die rund 190 000 Beschäftigten des bundeseigenen Unternehmens mindestens 7,6 Prozent mehr Lohn sowie einen Zuschlag von 2,6 Prozent für belastende Schichtdienste. Ein Teil dieses Zuschlages soll in Form eines Wahlmodells in zusätzliche freie Tage eintauschbar sein, allerdings nur für EVG-Mitglieder. Für die will die Gewerkschaft auch eine über die Laufzeit verteilte Bonuszahlung in Höhe von 500 Euro (netto) im Tarifvertrag verankern.
Damit wolle man »neue tarifpolitische Akzente für Mitglieder durchsetzen«, so Ingenschay. Für Auszubildende fordert die Gewerkschaft eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 150 Euro sowie eine Anhebung des Mietkostenzuschusses der Bahn auf 80 Prozent der anfallenden Kosten, maximal 450 Euro pro Monat. Eine Forderung für die Laufzeit steht bislang nicht im Raum.
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DB-Personalvorstand Martin Seiler hatte vor Beginn der Gespräche versichert, »konstruktiv und zügig« verhandeln zu wollen, um einen »vernünftigen Kompromiss für eine schwierige Phase« zu finden. Denn man brauche »Stabilität und Planungssicherheit, damit die DB wieder wirtschaftlicher und zuverlässiger wird«.
Auch die EVG drängt auf einen raschen Abschluss. Die Gewerkschaft fürchtet nach einem Regierungswechsel weitere drastische Einschnitte für die ohnehin dramatisch verschuldete Bahn AG. »Angesichts der zunehmend schwieriger werdenden wirtschaftlichen Situation in Deutschland und den immer lauter werdenden politischen Rufen nach einer Zerschlagung der DB AG, sehen wir hier akuten Handlungsbedarf«, mahnte EVG-Verhandlungsführerin Ingenschay.
»Wenn man sich anschaut, was derzeit in unserem Land passiert, ist es ganz wichtig für unsere Kolleginnen und Kollegen, bestehende Vereinbarungen zum Kündigungsschutz zu verlängern«, erklärte sie. Die Beschäftigten dürften nicht zum Spielball der Politik werden. »Im März ist es dafür womöglich zu spät«, sagte sie.
Das Unternehmen selbst hat einen harten »Sanierungskurs« angekündigt, der bis 2027 abgeschlossen sein soll. Dazu gehört laut Plan ein deutlicher Personalabbau bei der chronisch defizitären Gütersparte DB Cargo. Auch das spielt bei den Tarifverhandlungen eine Rolle. Ko-Verhandlungsführer der EVG, Kristian Loroch, beteuerte daher, dass es »keinen Abschluss um jeden Preis geben wird«. Gelinge es nicht, in der angestrebten Zeit einen Abschluss zu erzielen, habe die Gewerkschaft nach dem Ende der Friedenspflicht »alle Optionen«, auch Streiks betreffend.
Nach einer harten Tarifauseinandersetzung sieht das alles allerdings nicht aus. Warnstreiks oder gar größere Arbeitsniederlegungen sind derzeit nicht zu erwarten, zumal der derzeitige Tarifvertrag noch bis zum 31. März gilt. Bis dahin herrscht Friedenspflicht. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 4. Februar in Berlin vereinbart. Am Vortag soll, ebenfalls in der Hauptstadt, eine große Kundgebung der EVG stattfinden.
Nicht involviert in die Verhandlungen ist die in der Regel deutlich kämpferischer auftretende Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Deren Tarifvertrag läuft erst am 31. Dezember 2025 aus, anschließend gilt eine zusätzliche zweimonatige Friedenspflicht. GDL-Sprecher Stefan Mousiol wollte sich auf »nd«-Anfrage nicht zu den Verhandlungen zwischen der Bahn und der EVG äußern. Das eigene Vorgehen sei unabhängig davon. Ab Herbst will die GDL sich mit der Formulierung eigener Forderungen beschäftigen.
Durch das Tarifeinheitsgesetz ist die GDL stark eingeschränkt. Ihre Abschlüsse gelten nur in jenen Betrieben des Konzerns, in denen sie eine Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder hat. Das sind derzeit 19 von 72 Betrieben. Die GDL geht davon aus, dass es deutlich mehr sind. Entsprechende Verfahren bei Arbeitsgerichten laufen noch.
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