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Ein Fünftel der Menschen in Deutschland arm
Einkommensarmut im Vergleich zum Vorjahr um eine Million Betroffene gewachsen
In Deutschland waren im Jahr 2024 rund 17,6 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen, meldet das Statistische Bundesamt auf Basis von Erhebungen der Europäischen Statistik zu Einkommens- und Lebensbedingungen (EU-SILC). Das entspricht 20,9 Prozent der Bevölkerung. Das sind etwas weniger als im Vorjahr, seit 2020 hatte sich der Anteil jedoch kaum verändert. Da die EU-SILC-Zahlen seit jenem Jahr in den deutschen Mikrozensus integriert sind, ist ein Vergleich mit früheren Ergebnissen nicht möglich.
Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind Personen, auf die mindestens eines von drei Merkmalen zutrifft. Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller oder sozialer Entbehrung betroffen – sie waren beispielsweise nicht in der Lage, Mieten pünktlich zu bezahlen – oder lebten in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung, also weniger als 20 Prozent.
13 Millionen Menschen verdienten weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, das bei 1378 Euro im Monat lag.
13,1 Millionen Menschen waren demnach 2024 in Deutschland armutsgefährdet und verdienten weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, das bei 1378 Euro im Monat lag. Joachim Rock, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der seit 1989 einen Armutsbericht veröffentlicht, sagte dazu gegenüber »nd«: »Die Einkommensarmut ist im Vergleich zum Vorjahr um eine Million Betroffene gewachsen. Damit darf sich niemand abfinden.«
Armutspolitisch habe die Ampel nicht geliefert. Die nächste Regierung müsse für armutsfeste Sozialleistungen, einen Mindestlohn von 15 Euro und ausreichend bezahlbaren Wohnraum sorgen. Auch dass die Ampel den siebten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung nicht mehr vorgelegt hat, sei fatal. »Die Zahlen und Analysen dazu müssen schnellstmöglich veröffentlicht werden, um Ungleichheit wirksam reduzieren zu können.«
Sören Pellmann, Vorsitzender der Gruppe Die Linke im Bundestag, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Vorschläge der Linken, wie ein Mietendeckel, Mehrwertsteuerentlastungen oder ein höherer Mindestlohn seien ignoriert und stattdessen Ablenkungsdebatten angezettelt worden. »Niemand hat sich an eine der wirksamsten Maßnahmen zur Armutsbekämpfung rangetraut: eine angemessene Besteuerung von Superreichen«, kritisiert Pellmann.
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