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Studie über Klimaaktivismus: Einschüchterung mit System
Psychischer Druck mindert Engagement von Umweltaktivisten
Die Klimabewegung steht unter Druck. Regelmäßig warnen Berichte in diesem Zusammenhang vor unverhältnismäßigem Vorgehen und immer höheren Gefängnisstrafen. Eine Studie der Umweltrechtsorganisation Green Legal Impact Germany lenkt die Aufmerksamkeit auf weniger sichtbare Mechanismen staatlicher Repression.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Protest- und Bewegungsforschung, dem Maecenata-Institut, dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) und dem Institut für Humangeographie analysiert die Untersuchung, wie Polizeitaktiken, die Justiz und ein zunehmend feindseliger öffentlicher Diskurs den Handlungsspielraum von Klimaaktivist*innen einschränken.
Eine Befragung von 162 Aktivist*innen ergab, dass 83 Prozent von ihnen sich bereits in ihrem Engagement eingeschränkt fühlten – sei es durch direkte Maßnahmen wie Polizeigewalt oder durch subtilere Eingriffe wie Einschüchterungstaktiken oder erschwerte Versammlungsanmeldungen.
Diese Einschränkungen bleiben nicht ohne Folgen: Fast ein Drittel der Befragten gab an, sich Sorgen über die Auswirkungen ihres Aktivismus auf das Privatleben oder die berufliche Zukunft zu machen. Gerade jene, die sich bei Protestaktionen unsicher fühlen, reduzieren ihr Engagement deutlich. Solche »chilling effects« entstehen, wenn staatliche Maßnahmen dazu führen, dass Menschen aus Angst freiwillig auf ihr Recht zur Meinungsäußerung verzichten. Dabei handelt es sich nicht um freie Entscheidungen, sondern um durch Repression erzwungene Selbstzensur.
Hinzu kommt eine immer feindseligere öffentliche Darstellung der Klimabewegung. Laut der Studie hat die negative Darstellung von Klimaaktivismus in den Medien, sozialen Netzwerken und politischen Debatten stark zugenommen. Protestaktionen würden zunehmend als Bedrohung für öffentliche Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität behandelt. Das schwäche nicht nur die gesellschaftliche Unterstützung für die Bewegung, sondern biete auch eine Rechtfertigung für eine weitere Kriminalisierung, so die Autor*innen.
Sie fordern deshalb, zivilen Ungehorsam als legitimen Bestandteil demokratischer Teilhabe anzuerkennen. Gesetze und Praktiken sollten überprüft werden; vor allem müsse sichergestellt werden, dass Instrumente zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität nicht missbräuchlich gegen friedliche Aktivist*innen eingesetzt werden.
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