Wissenschaft im Fadenkreuz

Autoritär-neoliberale Politik beeinflusst die Wissenschaft – in den USA, aber längst auch transnational

  • Sabrina Mittermeier
  • Lesedauer: 2 Min.
Hetze gegen Patriarchatskritik als Parteiprogramm – und Widerstand dagegen. Ob der sich auch an Universitäten formieren wird?
Hetze gegen Patriarchatskritik als Parteiprogramm – und Widerstand dagegen. Ob der sich auch an Universitäten formieren wird?

Donald Trump baut dieser Tage die USA in Windeseile zu einem autoritären Staat um. Dass damit ein systemischer Angriff auf die Wissenschaft einhergeht, ist im faschistischen »Playbook« vorgezeichnet. Drastische föderale Finanzierungsstopps, die beispielsweise »woke Gender-Ideologie« verhindern sollen, beinhalten Mittel für Forschungsprojekte zu HIV/Aids, Krebs oder Alzheimer. Die Klimawissenschaften werden ebenfalls abgebaut – alles mit absehbar drastischen globalen Konsequenzen.

Aber das ist nur ein kleiner Teil von Trumps breiter Attacke auf »DEI« (Diversity, Equity, and Inclusion), auf Diversität, Gleichstellung und Inklusion. Bereits jetzt beeinflusst diese Politik auch geisteswissenschaftliche Forschung transnational, so musste etwa die British Association of American Studies (BAAS) auf Fördermittel der US-Botschaft verzichten. Hierzulande ist mit Ähnlichem zu rechnen. De facto heißt das: »White Supremacy«, also systemischer Rassismus, wird politisches Programm.

Die ersten Anzeichen dafür fanden sich in den rechten Hetzreden gegen etwa »Critical Race Theory« an US-amerikanischen Schulen und Universitäten. Es bleibt daher wichtig, im Auge zu behalten, dass der rechte Angriff auf die Wissenschaft direkt mit Queer- und Transfeindlichkeit sowie mit Rassismus verknüpft ist – ob es sich dabei nun um das Schreckgespenst postkolonialer Theorie oder der »Gender Studies« handelt. Auch hierzulande ist diese Politik längst nicht mehr nur das Anliegen der AfD. Besonders CDU und CSU sind auf den Zug aufgesprungen beziehungsweise führen ihn inzwischen mit an. Die Trumpsche Rhetorik wird dabei deutlich aufgegriffen: Bereits im Juni 2023 hatte die CSU eine Drag-Lesung für Kinder in der Münchner Stadtbibliothek zum Feindbild hochstilisiert und folgte damit dem direkten Vorbild von US-Gouverneur Ron de Santis in Florida – wohl nicht zufällig kurz nachdem Andreas Scheuer selbigen besucht hatte. Friedrich Merz verkündete beim Kanzlerduell, es gäbe nur zwei Geschlechter, nachdem Trump dazu sogar eine »Executive Order« erlassen hatte. In den USA verlieren Transpersonen nun ihre Pässe und müssen mit weiteren Angriffen auf Leib und Leben rechnen. In Deutschland ist es bisher bei Genderverboten in der Verwaltung in Hessen und Bayern geblieben.

Je nach Wahlergebnis am 23. Februar steigt die Gefahr weiter, dass auch bundesweit dem Trend in den USA gefolgt wird. Dabei geht es eben nicht nur um Sprachverbote, sondern sehr wahrscheinlich auch um Konsequenzen wie die Aufhebung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes. Auch hierzulande werden derzeit schon vielfach staatliche Mittel für Bildung und Forschung gestrichen, wobei die Leidtragenden an den Universitäten besonders die Geisteswissenschaften sind. Faschisten müssen gar nicht erst Bücher verbrennen, wenn Neoliberal-Autoritäre verhindern, dass diese überhaupt geschrieben werden können.  

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