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Bauchweh und Klebeski: Preuß im Massenstartrennen ohne Medaille
WM: Kein Happy End für Franziska Preuß in Lenzerheide, aber Jubel in der Männerstaffel
Bis zum letzten Schießen schien Franziska Preuß trotz Bauchweh und Klebeski auf dem Weg zum goldenen Happy End, doch dann kostete sie der einzige Fehler am Schießstand sogar ihre fünfte Medaille bei der WM in Lenzerheide. Auf Platz sieben landete die restlos erschöpfte 30-Jährige am Sonntag im finalen Massenstartrennen – bei einem Sieg der Schwedin Elvira Öberg.
Am Vortag hatten sich auch die Hoffnungen von Preuß auf die fest eingeplante deutsche Staffel-Medaille nicht erfüllt, dafür sorgten die deutschen Männer mit Bronze für eine echte Überraschung am Final-Wochenende der Titelkämpfe in der Schweiz.
»Es war extrem schwer, gerade in der ersten Runde haben die Ski extrem geklebt. Ich habe so viel Kraft investieren müssen, dazu hatte ich noch Bauchweh. Es war heute ein einziger Kampf«, sagte Preuß nach ihrem enttäuschenden WM-Finale. Vor dem zweiten Schießen öffnete die favorisierte Deutsche sogar ihre Hose, in der Hoffnung auf Besserung der Bauchkrämpfe. Umso bewundernswerter war ihre fehlerfreie Leistung am Schießstand bis zum einzigen Fehler beim finalen Stehendanschlag: »Da wusste ich schon, dass ich danach auf der Strecke nichts mehr auszurichten habe. Es haben heute einfach ein paar Stellschrauben nicht gepasst.«
Ihr Ski-Material war im Vergleich zur Konkurrenz einfach nicht konkurrenzfähig, dazu kamen im siebten WM-Rennen binnen zwölf Tagen körperliche Probleme. Fair gratulierte die Deutsche trotzdem gleich nach ihrem Zieleinlauf der neuen Massenstart-Weltmeisterin Öberg. »Gold-Franzi« konnte die doppelte Enttäuschung am Final-Wochenende verkraften: Schließlich war sie mit Gold (Verfolgung), Silber (Sprint) und zweimal Bronze (Mixed und Single-Mixed) und insgesamt vier Medaillen die erfolgreichste Teilnehmerin nach der Französin Julia Simon (vier Mal Gold).
»Wenn mir jemand vor der WM gesagt hätte, dass ich vier Medaillen und davon zwei in Einzelrennen gewinne, hätte ich das sofort genommen. Es tut gut, dass ich mir beweisen konnte, dass ich mich perfekt auf einen Höhepunkt vorbereiten kann«, erklärte Preuß: »Ich nehme neben den vier Medaillen viele schöne Erinnerungen aus Lenzerheide mit nach Hause.« Die Motivation kann sie gut gebrauchen – schließlich will die Wasserburgerin in den verbleibenden sieben Weltcup-Einzelrennen ihre Spitze im Gesamtweltcup verteidigen.
Für den deutschen Glanzpunkt am Final-Wochenende der WM, die mit strahlendem Sonnenschein über alle Tage und über 85 000 Zuschauern alle Erwartungen übertraf, sorgten stattdessen die deutschen Männer. Philipp Nawrath, Danilo Riethmüller, Johannes Kühn und Philipp Horn holten sich nach den bisher mäßigen WM-Vorstellungen der deutschen Männer-Sparte fast sensationell Bronze. »War das geil«, schwärmte Schlussläufer Horn. Vor dem letzten Schießen im Duell mit Schweden um Bronze hatte er sich fast ein bisschen gefürchtet, aber er riss sich zusammen: »Ich habe gedacht: Junge, heute ist Dein Tag! Die Chance hast Du nicht oft im Leben.« Er blieb fehlerfrei und sicherte die Medaille mit einem Kraftakt auf der Schlussrunde: »Solche Schmerzen hatte ich noch nie«
Bei der Siegerehrung kamen ihm die Tränen – genauso wie vorher seinem Kollegen Johannes Kühn. Der 33-Jährige war genauso wie Horn auf der Strecke über sich hinausgewachsen und erklärte danach ganz nebenbei, dass dies sein letztes WM-Rennen gewesen sei. Ein perfektes Happy End mit der ersten Medaille bei einem Großereignis – genau wie bei seinen Kollegen Nawrath und Riethmüller. »So eine Medaille kann eine ganze Saison aufhübschen«, meinte Schlussläufer Horn: »An diesen Tag werden uns noch in ein paar Jahren zurückerinnern. Das gibt Energie für die nächsten Jahre.«
Dank der späten Beteiligung der deutschen Männer an der Edelmetall-Jagd schaffte das schwarz-rot-goldene Team mit insgesamt fünf Medaillen die beste WM-Bilanz seit fünf Jahren. Vor allem bei den Frauen sieht mit Blick auf die kommende Olympia-Saison die Zukunft nicht nur wegen Franziska Preuß rosig aus. »Wir haben eine ganze Gruppe junge Sportlerinnen als Versprechen für die Zukunft«, kommentiert der deutsche Sportdirektor Felix Bitterling: »Für sie sind bei der WM nicht alle Träume in Erfüllung gegangen, aber sie haben wichtige Erfahrungen gesammelt.« Selina Grotian (20) nimmt die Mixed-Bronze-Medaille mit nach Hause und verpasste bessere Einzelergebnisse am Schießstand.
Die 19 Jahre junge Julia Tannheimer deutete zum Abschluss ihrer ersten WM mit Platz 15 im Massenstartrennen ihr Potenzial als künftige Siegläuferin an. Eine Wachablösung wird auch nötig sein – schließlich hat Franziska Preuß angekündigt, dass sie über einen Rücktritt nach Olympia 2026 in Mailand und Cortina nachdenkt. Das Massenstart-Rennen von Lenzerheide könnte also ihr letztes WM-Rennen gewesen sein.
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