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Geld für Schwangerschaftsberatung in Berlin: Wann und wie viel?
Beratungsstellen zum Schwangerschaftskonflikt ringen um Finanzierung im ersten Halbjahr
Alle, die sich zum Thema Schwangerschaft, Verhütung, Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch beraten lassen möchten, können das in Deutschland kostenlos und auf Wunsch anonym tun. Dafür sind die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zuständig, die vom Land finanziert werden.
Für 2025 plante der Senat, 8,7 Millionen Euro für diese Stellen bereitzustellen. Im dritten Nachtragshaushalt wurde diese Summe jedoch um eine auf 7,7 Millionen Euro gekürzt. Nur – das Geld kommt nicht.
Laut Almut Röhrborn vom Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz könne man zwar mit der Kürzung leben. Das Problem sei aber, dass die Mittel nicht fließen, wie die Referentin für Beratung und Förderung von Familien »nd« sagt.
Manche Beratungsstellen haben nur 29 Prozent für die eingeplanten Kosten der ersten Jahreshälfte erhalten
Almhut Röhrborn, Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Lausitz
Basierend auf den nur vorläufigen Zuwendungsbescheiden sei es schwierig, langfristig Personal anzustellen: Denn wer möchte einen Vertrag unterzeichnen, der nur bis Juni 2025 gilt? »Es wird von den Trägern erwartet, dass sie in Vorleistung gehen«, so Röhrborn.
Die Organisation Pro Familia sagte auf Anfrage, dass sie aktuell noch auf die verbindlichen Jahressummen warte, um hinsichtlich der Stellenbesetzungen und -nachbesetzungen Gewissheit zu haben, sagt Geschäftsführer David Fiebelkorn D’Almeida e Silva »nd«. Das Risiko einer Stellenreduktion sehe er derzeit jedoch nicht.
Die Summe der ausgestellten Bescheide schwankt laut Almuth Röhrborn beträchtlich. Manche Beratungsstellen haben nur 29 Prozent für die eingeplanten Kosten der ersten Jahreshälfte erhalten. Das beschreibt Röhrborn als »Kürzungen durch die Hintertür«.
Dies findet nicht zum ersten Mal statt. Laut der frauenpolitischen Referentin der Paritätischen Wohlfahrtsverband Astrid Lücke hat der Senat die Freigabe der Gelder für 2024 bis zum Oktober verweigert. Konsequenz daraus? Von den angesetzten 8,4 Millionen Euro für 2024 wurden nur 7,1 Millionen Euro verausgabt. Das sind knapp 15,5 Prozent der gesamten Fördermittel, die nicht genutzt werden konnten.
Dass die Träger Planungssicherheit brauchen, damit Sie ihre Arbeit nachhaltig machen können und niemand kurzfristig kündigen müssen, betont die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Bahar Haghanipour, gegenüber »nd«. Sie fordert den Senat auf, schnellstmöglich Klarheit für die endgültigen Gelder für 2025 zu schaffen.
Gesetzlich ist der Berliner Senat verpflichtet, genügend Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zu finanzieren – nämlich mindestens eine Stelle pro 40 000 Bürger*innen. Der Senat errechnet dieses Verhältnis basierend auf dem Zensus von 2022, die Träger ziehen jedoch Daten des Einwohnermeldeamts heran. Eine Differenz von elf Stellen, die laut der Referentin des Diakonischen Werks Röhrborn in der Hauptstadt fehlten.
Dabei ist der Bedarf in Berlin besonders hoch: Hier entschieden sich 260 unter 10 000 Menschen 2023 für einen Schwangerschaftsabbruch. Im Vergleich dazu lag die Zahl deutschlandweit bei circa 154 Abbrüchen.
Laut Referentin Röhrborn sind die bürokratischen Hürden für Beratungsstellen groß, es sei kurios, über welche Dinge man sich streiten müsse. Eine weniger komplexe Abrechnungsweise würde sowohl den Senat als auch Beratungszentren entlasten.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Wissenschaft und Pflege äußerte sich bis zum Redaktionsschluss nicht.
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