Berliner Mieten: Hoch, höher, normal

Beim Wohnungsverband BBU gibt man sich zufrieden mit den jüngsten Steigerungen der Bestandsmieten

Neubaumieten sind um 15,6 Prozent auf 12,66 Euro pro Quadratmeter gestiegen.
Neubaumieten sind um 15,6 Prozent auf 12,66 Euro pro Quadratmeter gestiegen.

Es sei eine »Rückkehr zur Normalität«, sagt Maren Kern vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Mittwoch auf der Pressekonferenz zum Wohnungsmarktbericht 2024 der Vermieterorganisation. Die Normalität, von der sie spricht, sind die Erhöhungen der Berliner Bestandsmieten. Die Mitgliedsunternehmen des Verbandes sattelten hier zwischen dem 30. Juni 2023 und dem 30. Juni 2024 noch mal 3,95 Prozent drauf. Zum Vergleich: Im vorangegangenen Zeitraum hatten die Wohnungsunternehmen die Mieten um 1,38 Prozent erhöht. Am stärksten stiegen die Mieten in Friedrichshain-Kreuzberg (4,6 Prozent) und Mitte (4,5 Prozent), am wenigsten in Marzahn-Hellersdorf (3,3 Prozent).

Damit stiegen die durchschnittlichen Bestandsmieten bei den Mitgliedsunternehmen von Juni 2023 bis Juni 2024 von 6,59 auf 6,85 Euro pro Quadratmeter. Der Wert liegt damit niedriger als der im Zensus 2022 für Wohnungsmieten in Berlin ermittelte Durchschnitt von 7,67 Euro pro Quadratmeter. Mit den Erhöhungen würden die Unternehmen damit an die Zeit vor der Corona-Pandemie anknüpfen, so BBU-Vorständin Kern. »Da haben unsere Wohnungsunternehmen sehr, sehr stark Rücksicht genommen auf ihre Mieter«, sagt sie. Jetzt müsse man aber in einen »Normalmodus« zurückgehen.

Der BBU ist Interessenverband und Lobby von rund 340 Wohnungsunternehmen in Berlin und Brandenburg. Zu seinen Mitgliedern gehören nicht nur die landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) und Berliner Wohnungsbaugenossenschaften, sondern auch Branchenriesen wie Vonovia oder Covivio. In Berlin zählen mit mehr als 770 000 rund 45 Prozent der Mietwohnungen zum Bestand der BBU-Unternehmen.

Nicht unerheblich für die jüngsten Mietsteigerungen dürfte sein, dass der Senat Anfang 2024 den Mietendimmer, der die Mieten bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen quasi einfror, abgeschafft hat. Seither erhöhen die LWU in ihrem Bestand, der rund die Hälfte der Wohnungen im BBU ausmacht, sukzessive die Mieten. Bis Juli 2024 geschah das in 154 631 Haushalten, mindestens weitere 120 500 sollen in diesem Jahr folgen.

»Die durchschnittliche Bestandsmiete von 6,85 Euro pro Quadratmeter darf nicht über die besorgniserregende Dynamik in der Mietentwicklung hinwegtäuschen«, kommentiert Wibke Werner, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins (BMV) den Bericht. Die LWU zählten zu den letzten Garanten für eine bezahlbare Wohnraumversorgung, so Werner weiter. »Sie dürfen aus dieser Verantwortung nicht entlassen werden, indem die Vorgaben aus der Kooperationsvereinbarung mit dem Senat immer weiter aufgeweicht und Mieterhöhungspotenziale eröffnet werden.«

Die Neuvertragsmieten im Gesamtverband, also für Wohnungen, die neu vermietet oder zum ersten Mal bezogen wurden, stiegen noch stärker: um 7 Prozent von 8,03 auf 8,59 Euro pro Quadratmeter.

Noch düsterer ist der Blick auf die Neubaumieten. Dort hat es eine Steigerung von 15,6 Prozent gegeben, auf 12,66 Euro pro Quadratmeter. Aber selbst das sei nur ein »Blick in die Vergangenheit«, erklärt Maren Kern. Denn die jetzt fertiggestellten Wohnungen seien aus der Zeit noch vor der Baukosten- und Finanzierungskostenexplosion. »Bei aktuellen Projekten gehen wir von Kostenmieten von 18 bis 20 Euro pro Quadratmeter aus«, so Kern. Wie der BBU ausführt, sind die Baupreise im Neubau seit 2021 um 33,1 Prozent gestiegen.

»Neubau ist zu sozial verantwortbaren und marktfähigen Mieten nicht mehr möglich.«

Maren Kern Vorständin BBU

»Neubau ist zu sozial verantwortbaren und marktfähigen Mieten nicht mehr möglich«, resümiert Kern. Das drückt sich auch in einem drastischen Rückgang der Baugenehmigungen aus: 2024 ist die Zahl der Genehmigungen von Bauprojekten erstmals unter die Marke von 10 000 auf 9921 gesunken. »Dramatisch« sei diese Entwicklung, sagt Kern und: »Da ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.«

Um diese Entwicklung aufzuhalten, fordert der Verband mehr verlässliche staatliche Förderung. »Wir würden gerne ohne Förderung auskommen, aber wir kriegen es beim besten Willen nicht hin«, so Kern. Der BBU moniert darüber hinaus eine Vervierfachung bei der Zahl der Bauvorschriften in den letzten Jahrzehnten. Viele Normen würden kostspieligere, höhere Standards bedingen, die kaum Verbesserung des Wohnkomforts brächten. Beim Schallschutz, der Mindestanzahl von Steckdosen oder der Deckenstärke könnte regulatorisch »entschlackt« werden.

Dementsprechend lobt der BBU auch das umstrittene Schneller-Bauen-Gesetz, mit dem unter anderem die Mindest-Raumhöhe von 2,50 auf 2,40 Meter gesenkt wurde. Maren Kern schränkt aber ein: »Da können wir jetzt natürlich noch keine Erfolge sehen.«

»Die Absenkung der Neubaustandards, die Entschlackung der Bauvorschriften und die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren genügen nicht«, teilt der Berliner Mieterverein zu den neuesten Zahlen des BBU mit. Zuvorderst müsse sichergestellt werden, dass im Neubau dauerhaft günstige Mietwohnungen entstehen.

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