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Ifo-Präsident will Elterngeld streichen
In der Debatte um Sozialkürzungen macht Clemens Fuest erste konkrete Vorschläge
Der Ökonom Clemens Fuest sucht die Einzeletats des Bundeshaushaltes nach Kürzungspotenzialen ab, mit denen die Aufrüstung finanziert werden kann. Die findet er ausschließlich im sozialen Bereich. Jetzt hat sich der Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Uni München für die Streichung des Elterngelds ausgesprochen. »Das Elterngeld würde ich ganz abschaffen. Es ist ein klassischer Fall von nice-to-have, aber nicht prioritär«, sagte er der »Welt am Sonntag«. Viele Empfängerinnen seien finanziell gut gestellt, deshalb stelle sich die Frage der Bedürftigkeit nicht.
»Bei allen staatlichen Leistungen muss überprüft werden, ob sie zielgenau wirken«, argumentierte Fuest. Er richtete diese Empfehlung explizit an CDU, CSU und SPD, die derzeit Sondierungsgespräche über eine Regierungskoalition führen. Sie debattieren derzeit insbesondere darüber, wie der Etat der Bundeswehr dauerhaft drastisch aufgestockt werden kann.
Fuest meint, da es bei »Subventionen« immer auch Argumente für einen Erhalt gebe, könne man sich auch für eine pauschale Lösung entscheiden: »Wenn man sich nicht auf Auseinandersetzungen im Detail einlassen will, kann man die Rasenmähermethode anwenden: generelle Kürzung um beispielsweise 50 Prozent.«
»Das Elterngeld würde ich ganz abschaffen. Es ist ein klassischer Fall von nice-to-have, aber nicht prioritär.«
Clemens Fuest Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Uni München
Im Bundeshaushalt sind für das Elterngeld pro Jahr rund acht Milliarden Euro vorgesehen. Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Reint Gropp, hält eine Abschaffung von Leistungen wie dem Elterngeld »für schwierig, aber notwendig«. Das Elterngeld wird Müttern und Vätern bis zu 14 Monate nach der Geburt eines Kindes gewährt, um den Einkommensverlust teilweise auszugleichen. Der Höchstsatz beträgt 1800 Euro monatlich, der Mindestbetrag 300 Euro. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen. Bürgergeldbeziehende haben einen Freibetrag von 250 Euro, der Rest wird auf ihren Regelsatz angerechnet.
Kürzungen bei der vorgezogenen Altersrente nach 45 Beitragsjahren und der Mütterrente präferiert hingegen Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Den Einwand, dass die Kürzung der Mütterrente einkommensschwachen Frauen schaden würde, lässt die »Wirtschaftsweise« nicht gelten. »Die Mütterrente hilft auch nicht den besonders einkommensschwachen Rentnerinnen, denn wenn sie von Grundsicherung leben, wird die Mütterrente eins zu eins mit der Grundsicherung verrechnet«, sagte sie der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«.
Eine Kürzung des Elterngeldes findet Schnitzer dagegen nicht gut. Sie warnte vor negativen Auswirkungen eines solchen Schrittes auf die Geburtenrate: »Wir wollen diese Frauen nicht für den Arbeitsmarkt verlieren, wollen aber gleichzeitig auch nicht, dass diese Frauen sich gegen Kinder entscheiden.« Zudem würde eine solche Reform Zeit in Anspruch nehmen, während das Geld schnell benötigt werde.
Fuest hatte bereits vor einem Jahr betont, ohne Sozialkürzungen werde man nicht die aus seiner Sicht notwendige Aufstockung der Verteidigungsausgaben stemmen können. Er hatte in der ZDF-Sendung »Maybritt Illner« erklärt: »Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland. Das geht nicht. Sondern Kanonen ohne Butter.« Der Sozialstaat, so Fuest, werde zwar weiter finanziert. »Aber er wird halt kleiner ausfallen.«
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