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  • USA unter Donald Trump

Springer-Verlag: Boah ej, Döpfner!

Alles anders jetzt: Der Springer-Chef bricht mit Trumps USA

  • Klaus Ungerer
  • Lesedauer: 3 Min.
Du sagst, ich lebe anders jetzt: Mathias Döpfner findet Trump nicht mehr gut.
Du sagst, ich lebe anders jetzt: Mathias Döpfner findet Trump nicht mehr gut.

Kaum hat man mal ein paar Monate nicht zugeguckt, schon ist die gesamte Welt in Aufruhr geraten. Alte Ordnungen zerfallen, neue blubbern noch etwas unschlüssig dem Tageslicht entgegen, die Eisenbahnen fallen von den Brücken. Aus dem Winterschlaf halbwegs erwacht, nimmt man Dinge zur Kenntnis. Etwa ist die rechtmäßige Kanzlerin nicht mehr da, und statt ihrer soll Friedrich Merz, den man im Arbeitsleben untergebracht glaubte, offenbar eine Bundesregierung bilden. Oder: Donald Trump, eigentlich ja abgewählt, ist nun irgendwie doch Präsident der USA. Schlimmer noch: Der 1. FC Heidenheim und Holstein Kiel behelligen die Bundesliga, während Dutzende richtiger Fußballklubs in die Zweite Liga verbannt worden sind. Was ist das nur für ein Albtraum!

Und wohin kann man gehen, um ihm zu entkommen? Na klar: Facebook. Das soziale Netzwerk für die Silver Ager befindet sich seit Jahren in stiller Abgeschiedenheit, Jugendliche witzeln längst nicht mehr darüber, Verstorbene werden einem als neuer Kontakt vorgeschlagen. Und richtig: Kaum hat man sich eingeloggt, meldet eine Facebookfreundin, was Facebookfreundis immer sagen: »Boah ej, Döpfner!« Und drei kotzende Emojis. Sicher hat Springer-Chef Mathias Döpfner mal wieder irgendetwas besonders Bizarres rausgehauen. Hilfreiche Facebookseelen springen der Freundin bei. »Oh je, ich will gar nicht wissen, was er jetzt wieder verzapft hat!«

Schaut man also bei Google News nach. Da kracht die ganze aufgewühlte Welt über einem zusammen: Alles ist so verrückt geworden. Döpfner nämlich hat Sätze aus dem Bereich des gesunden Menschenverstands geäußert. In der »Welt am Sonntag« reagierte er auf die öffentliche Demütigung des Präsidenten Selenskyj durch den Präsidenten Trump: »Fast im Stundentakt überschreitet die amerikanische Regierung rote Linien, die in einer rechtsstaatlichen Demokratie nie überschritten werden dürften. Viele Transatlantiker – auch ich – wollten in den letzten Wochen immer noch hoffen, dass hinter provozierenden Reden und Posts doch irgendwie ein konstruktives Konzept steht. Man muss Donald Trump zwar ernst nehmen, aber nicht wörtlich, lautete die Losung der Hoffnung.« Jedoch und aber: »Diese Hoffnung ist zerstört. Trump meint, was er sagt.«

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Man mag sich kaum vorstellen, wie viele schlaflose Nächte Döpfner an dieser Nuss geknackt hat: Sollte ein mächtiger Mann … so wie Trump … so wie er selbst … MEINEN, WAS ER SAGT? Kurz zuvor noch hatte Döpfner die berüchtigte Münchner Rede des US-Vizepräsidenten Vance als »inspirierend« bezeichnet, und ganz, ganz kurz zuvor hatte seine »Welt« noch auf X verbreitet: »Selenskyj hat mit seinem Verhalten die Sicherheit Europas aufs Spiel gesetzt.« Nun aber urteilt Döpfner, und die ganze Weite des Transatlantiks spannt seine Brust: »Das hat nichts mehr mit dem Amerika zu tun, das über Jahrzehnte an der Seite Europas stand.« Der Springer-Chef also kündigt den USA die Gefolgschaft auf? Wie soll man noch irgendwas verstehen, ohne sich in seiner Not in das sichere Netz materialistischer Erklärungsmuster zu werfen? Böse Zungen wie das »Handelsblatt« erklären etwa, die USA seien der wichtigste Wachstumsmarkt des Springer-Konzerns, und nach allem vorangegangenen Döpfner-Gekuschel sei Trump trotzdem entschieden gegen die Springer-eigene Mediengruppe »Politico« vorgegangen.

Sollte der ganze Theaterdonner also doch einfach das Übliche gewesen sein, ein Handelskrieg, den Herr Döpfner gegen die USA geführt – und verloren hat? Dann wäre ja alles wie immer, und man könnte endlich wieder schlafen gehen, mindestens, bis die Kanzlerin zurückkommt.

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