Nach Amokfahrt in Mannheim: Gefährliche Doppelstandards

Anton Benz über die Todesfahrt in Mannheim und die Diskussionen zu einem möglichen Tatmotiv

Kerzen, Blumen und eine Trauerbekundung liegen in der Nähe des Tatortes in Mannheim.
Kerzen, Blumen und eine Trauerbekundung liegen in der Nähe des Tatortes in Mannheim.

Als am 13. Februar ein Afghane in München mit einem Auto zwei Menschen tötete und knapp vierzig weitere teils schwer verletzte, gingen die Ermittlungsbehörden umgehend von einem islamistischen Tatmotiv aus. Dafür reichte aus, dass der Täter nach der Tat »Allahu Akbar« rief.

Als am 3. März ein Deutscher in Mannheim mit einem Auto zwei Menschen tötete und elf weitere verletzte, schloss der die Ermittlung leitende Oberstaatsanwalt bereits nach wenig Stunden aus, dass es sich – nach derzeitigem Ermittlungsstand – um eine politisch motivierte Tat handeln könnte. Kurz danach erschienen erste Medienberichte: 2018 wurde Alexander S. für einen rechtsextremen Kommentar auf Facebook verurteilt.

Natürlich: Ein sieben Jahre alter Facebook-Post ist nicht gleichzusetzen mit einem Freudenruf direkt nach einem Attentat; und vor allem lässt sich von einem jahrealten Kommentar nicht zwangsläufig auf ein politisches Tatmotiv schlussfolgern.

Trotzdem werden hier rassistische Doppelstandards deutlich. Doppelstandards, die dazu geführt haben, dass es drei Jahre dauerte, bis das bayerische Landeskriminalamt das Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016 als »Politisch motivierte Gewaltkriminalität rechts« einstufte. Doppelstandards, die auch die Ermittlungen nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt beeinflussen, wo es deutliche Hinweise auf rechte Motive gibt. Doppelstandards, die übrigens nicht nur bei Ermittlungsbehörden greifen – sondern die sich auch in der Berichterstattung niederschlagen.

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