Tourismus in Berlin: Bettenburgen zu Sozialwohnungen

Berlin braucht nicht noch mehr Tourismus, findet David Rojas Kienzle

Zahlreiche Touristen stehen vor dem Deutschen Historischen Museum in Sichtweite des Fernsehturms.
Zahlreiche Touristen stehen vor dem Deutschen Historischen Museum in Sichtweite des Fernsehturms.

»Berlin ist nicht nur Brandenburger Tor und Berghain, sondern Berlin ist sehr viel mehr«, sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey am Dienstag nach der Sitzung des Senats. Damit hat sie unbestritten recht. Berlin ist nämlich vor allem das Zuhause von mittlerweile fast vier Millionen Menschen.

Darum ging es in der Pressekonferenz des Senats aber nicht, sondern um Tourismus. Dieses »Mehr« von Berlin, liegt nämlich bislang touristisch ungenutzt auf der Straße. Deswegen will der Senat in Zukunft Tourismusprojekte abseits der ohnehin schon in Wert gesetzten Teile der Stadt stärker bewerben. Wird die Hauptstadt zum Freiluftmuseum, von Spandau bis Marzahn, von Buch bis Lichtenrade?

Man kann nur hoffen, dass dem nicht so ist. Schon jetzt kommen jährlich 16 Millionen Besucher*innen nach Berlin. An sich kein Problem – wen andere Sprachen in Kneipen stören, sollte sich überlegen, ob Berlin der richtige Wohnort ist. Problematisch ist allerdings, was die Touristifizierung mit der Stadt macht. Airbnb-Wohnungen gibt es in den Innenstadtbezirken an jeder Ecke, erkennbar an den Schlüsselboxen, die überall in den Hauseingängen hängen. Straßenzüge werden zu Fressmeilen. Anstatt bezahlbaren Wohnraums für die alten und neuen Berliner*innen werden Bettenburgen gebaut, an denen vor allem Investoren verdienen.

Wohin die ungebremste Tourismusreise geht, kann man in anderen Städten beobachten. Im Sommer gingen in Barcelona Tausende dagegen auf die Straße, dass ihre Stadt nicht ihren Bedürfnissen, sondern denen des Massentourismus dient. Berlin braucht nicht mehr Tourismus, sondern mehr Stadt für die Berliner*innen.

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