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AfD-Bayern: Mit ideologischer Nähe zu Rechtsterrorismus

Bayerns AfD fördert Identitäre und andere Akteure rechts außen

  • Robert Andreasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Die führenden Gesichter der bayerischen AfD: Katrin Ebner-Steiner, Vorsitzende der Fraktion im Landtag, und Stephan Protschka, Landesvorsitzender der AfD Bayern.
Die führenden Gesichter der bayerischen AfD: Katrin Ebner-Steiner, Vorsitzende der Fraktion im Landtag, und Stephan Protschka, Landesvorsitzender der AfD Bayern.

Als die Akteur*innen der bayerischen AfD im Sommer 2024 sich für den Bundestagswahlkampf rüsteten, wählten sie für ihre ersten Kundgebungen und Demonstrationen Titel wie »Remigration statt Massenmigration« und »Es reicht! Migration aussetzen«. Das war nicht nur ein Hinweis auf die rassistische Kampagne, die – neben offener Queer- und Transfeindlichkeit – bei den weit mehr als 1000 Wahlveranstaltungen und Infoständen im Vordergrund stehen sollte. Es bewies auch die Aggressivität des bayerischen Landesverbands, der zu den radikalsten Teilen der Partei gehört. Akteur*innen der Bayern-AfD sorgten beispielsweise in der Vergangenheit dafür, dass der »Dexit« in die Programme der Bundespartei hineingeschrieben wurde.

Zu einem Zeitpunkt, als die Bundespartei den aus dem neofaschistischen Feld stammenden Begriff »Remigration« noch abzuwehren versuchte, verabschiedeten die Mitglieder beim bayerischen AfD-Landesparteitag am 24. November im mittelfränkischen Greding die »Bayerische Resolution für Remigration« – und das mit nur einer einzigen Gegenstimme. Das »deutsche und EU-Migrationschaos«, so schrieben es die AfDler aus der »Wiener Erklärung« von Herbert Kickl und Viktor Orbán ab, führe »zum Niedergang autochthoner Völker und damit zu einer Gefährdung des europäischen Charakters«. »Rückgeführt« werden sollten der Bayern-AfD zufolge u. a. »Personengruppen mit schwach ausgeprägter Integrationsfähigkeit und -willigkeit«. Die Deportationspläne kündigte man offen an: Staatsziel sei eine »umfassende Remigration im Millionenbereich für die kommenden 10 Jahre«.

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Am 8. Oktober 2023 war in Bayern der neue Landtag gewählt worden, die AfD hatte damals ein Ergebnis von 12,6 Prozent erreicht. Ein gutes Jahr später, nach dem Bundestagswahlkampf, sah das nun anders aus: mit insgesamt fast drei Millionen Erst- und Zweitstimmen schnitt die AfD im Bundesland nun mit 19,0 Prozent noch mal deutlich stärker ab. Im Vergleich zur letzten Wahl 2021 hatte man das Ergebnis sogar verdoppeln können. In Bayern liegen mit Deggendorf (29,3 %), Schwandorf (28,9 %) und Straubing (27,7 %) die drei besten westdeutschen AfD-Wahlkreisergebnisse.

Waren es zuletzt zehn, sind nun 22 AfD-Abgeordnete aus Bayern im künftigen Bundestag vertreten, darunter erneut der bayerische AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka. Angeführt wird die gewachsene Landesgruppe in Berlin nun von einem Vorstand, dem mit dem AfD-Abgeordneten Tobias Teich auch der stellvertretende bayerische AfD-Landesvorsitzende angehört. Bei einem rechten Aufmarsch gegen die »Munich Security Conference« im Februar 2023 hatte Teich für die Kameras der Fotograf*innen mit der »White Power«-Handgeste posiert. Er bewarb zudem offensiv das rassistische Handyspiel »Deutschlandretter« der Jungen Alternative (JA), das mittlerweile durch einen Indizierungsantrag aus dem Verkehr gezogen wurde.

In Bayern ist die AfD zumindest teilweise in den Straßenprotesten und Telegramkanälen verankert, die aus der Pandemieleugner*innenbewegung hervorgegangen sind. Noch besser eingebettet ist sie in die Netzwerke der völkischen Strukturen der »Identitären Bewegung« (IB) und anderer »neurechter« Aktivist*innen. Die hiesige AfD-Jugend hatte sich dieser Vernetzung im Sommer 2022 mit einer eigenen Veranstaltung bei Ingolstadt gewidmet: »Partei, Vorfeld und Parlament«. Als im Oktober 2024 die Münchner Burschenschaft »Danubia« die »2. Schwabinger Gespräche« veranstaltete, eröffnete der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Benjamin Nolte, selber Danube, die Tagung. Zum Publikum gehörte der AfD-Europaabgeordnete Alexander Jungbluth.

Mehrere Akteur*innen der »Idenitären Bewegung« nutzten derweil eine Bundestagsfahrt des schwäbischen AfD-Abgeordneten Reiner Rothfuß nach Berlin. Man kann bayerische AfD- und JA-Akteur*innen auch bei den Akademien des ehemaligen »Instituts für Staatspolitik« in Schnellroda treffen, oder man sieht sie auf den Gruppenfotos der »Identitären Bewegung«. Im bayerisch-schwäbischen Gremheim posierte der sächische AfD-Kandidat Maximilian Krah kurz vor der Bundestagswahl Arm in Arm mit bekannten Köpfen der süddeutschen IB für die rechten social-media-Kanäle. Der oberbayerische Rechtsaußenaktivist Dennis B. zeigte dabei die »White Power«-Geste. Krah wie auch der nicht weniger radikale AfD-Politiker Matthias Helferich von der NRW-AfD traten im Bundestagswahlkampf mehrfach in Bayern auf. Die AfD-Landtagsfraktion lud beide als »Ehrengäste« zum Sommerempfang des bayerischen Landtags auf Schloss Oberschleißheim ein.

Bayerische AfD-Landtagspolitiker*innen ermöglichten IB-Aktivist*innen im letzten Jahr eine Veranstaltung mit Michael Scharfmüller vom österreichischen »Info Direkt«-Magazin im Maximilianeum. Und sie holten wenig später den »Edition Antaios«-Stammautoren Thor von Waldstein zu einem Vortrag über den »Volksbegriff in der deutschen Geistesgeschichte« ebenfalls in den Landtag. Zwei AfD-Abgeordnete organisierten für Mitglieder völkischer Burschenschaften aus Deutschland und Österreich eine »burschenschaftliche Festkneipe« in der Gaststätte des Landtags. Zu den Teilnehmenden gehörte der »Gothia Berlin«-Burschenschafter Christoph Birghan, der (auf Platz 17 auf der bayerischen AfD-Landesliste) nun ebenfalls in den Bundestag eingezogen ist.

Alexander Wolf ist über die Hamburger Landesliste eingezogen. Er ist aber ebenfalls Mitglied der Münchner Burschenschaft Danubia, für sie hat er das Liederbuch »Schlachtruf« herausgegeben, das NS-Liedgut und terrorverherrlichende Gesänge enthält: »Ich spreng’ den Mast in Südtirol, den Bahnhof von Trient! Der Rucksack ist mit Sprengstoff voll, hei, wie die Lunte brennt!« Derlei ideologische Nähe zum Rechtsterrorismus gibt es auch bei der Bayern-AfD. Vor drei Jahren deckte der Bayerische Rundfunk auf, dass sich bayerische Bundes- und Landtagsabgeordnete der AfD in einer internen Gruppe über einen faschistischen Umsturz austauschten: »Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr.«

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