Der Fall Felix Klein: Schrödingers Bundesbeauftragter

Der Antisemitismusbeauftragte ist nach seinen Gaza-Aussagen nicht mehr haltbar – die Bundesregierung windet sich mit einem Trick um Konsequenzen

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.
Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

Felix Klein hat Anfang der Woche in einem Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« Donald Trumps ethnische Säuberungspläne für den Gazastreifen befürwortet. Zu der Idee des US-Präsidenten, Menschen aus Gaza »umzusiedeln«, um den Gazastreifen in eine »Riviera des Nahen Ostens« zu verwandeln, sagte Klein: »Ich halte es nicht für verkehrt, radikal und einmal völlig neu zu denken.« In »einigen Medienberichten« seien Trumps Vertreibungspläne »übertrieben« dargestellt worden.

Wer sich so verhamlosend gegenüber einem Aufruf zum Bruch des internationalen Völkerrechts äußert, ist als Antismitismusbeauftragter einfach nicht tragbar. Es kommt aber noch etwas hinzu: Klein ist Ministerialdirigent im Bundesinnenministerium (BMI), er ist also Bundesbeamter und als solcher an bestimmte Pflichten gebunden, zum Beispiel muss er im Sinne der grundsätzlichen politischen Ansichten und Ziele der Regierung handeln. Wird diese Pflicht verletzt, liegt ein Verstoß vor, der eigentlich disziplinarrechtliche Konsequenzen haben müsste.

Die Betonung liegt auf müsste. Auf mehrfache Nachfragen der Journalisten der Bundespressekonferenz, ob Kleins Aussagen Konsequenzen haben werden, folgte eine Argumentationsakrobatik, die ihresgleichen sucht. Erst sagte der Sprecher des BMI am Mittwoch, der Beauftragte der Bundesregierung habe nicht im Namen der Bundesregierung gesprochen, sondern seine private Meinung geäußert – und das, obwohl er als Beauftragter interviewt wurde. Dann argumentierte Steffen Hebestreit am Freitag auf einmal, er habe in dem Moment als Bundesbeauftragter gesprochen und sei deshalb nicht an seine Pflichten als Beamter gebunden gewesen.

Wir haben es also hier mit Schrödingers Bundesbeauftragtem zu tun, der zur gleichen Zeit im Namen und nicht im Namen der Bundesregierung spricht. Fazit: Ein Felix Klein kann im Prinzip immer ohne Konsequenzen tun und lassen, was er will.

Melanie Schweizer, Referentin im Arbeitsministerium, dagegen wurde am vergangenen Freitag ihr Beamtenstatus entzogen. Die offizielle Begründung aus dem Ministerium ist zwar nicht bekannt. Es lässt sich aber vermuten, was zu dem Schritt führte: Ein Bild-Artikel vom Dezember warf Schweizer Israelhass vor, weil sie auf X Israel ein »rassistisches, genozidales Apartheidsystem« vorgeworfen hatte. Von der »Bild« mit den Aussagen Schweizers konfrontiert, distanzierte sich Bildungsminister Hubertus Heil von seiner Mitarbeiterin. Einige Wochen später wurde Schweizer zunächst suspendiert und velor dann auch den Beamtenstatus. Alle Bundesbeamte sind gleich, manche Bundesbeamte aber sind offenbar gleicher als andere.

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