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Ein bisschen Waffenruhe
Nach dem Gespräch zwischen Trump und Putin bleiben viele Hindernisse für einen Frieden in der Ukraine
Die Erwartungen waren riesig, die Befürchtungen auch. US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin könnten in ihrem Telefonat handstreichartig die Ukraine oder gleich ganz Europa (so die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann) unter sich aufteilen.
Was genau die beiden Staatschefs besprochen haben, ist nicht bekannt. Nur soviel: Ein Frieden wurde nicht beschlossen, sondern ein weiterer kleinerer Schritt in Richtung einer Waffenruhe und vielleicht sogar einem Ende des Kriegs. Mehr aber auch nicht.
Trump hat sein Ziel nicht erreicht
Trump hat sein Ziel nicht erreicht, Putin die Zustimmung für einen 30-tägigen kompletten Waffenstillstand abzuringen. Der Kreml-Chef erklärte sich lediglich bereit, 30 Tage keine ukrainischen Energieanlagen zu beschießen. Man arbeite zudem an einem Moratorium zum Angriff auf zivile und militärische Schiffe, meldete das Weiße Haus. Damit ließe sich Putin fast genau auf die Forderungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein, der damit an Trump gescheitert war.
Hält diese Teil-Feuerpause wirklich, haben beide Seiten etwas davon. Ukrainische Drohnen hatten zuletzt vermehrt Raffinerien auch im russischen Hinterland angegriffen. Die Ukraine ihrerseits kann durchatmen, wenn nicht noch mehr Kraft- und Umspannwerke zerstört werden. Zugleich weiß man in Moskau, dass die Zeit nicht ausreicht, die Energieinfrastruktur auch nur im Ansatz wieder aufzubauen.
Moskau besteht auf besetzte Gebiete
Bevor Selenskyj am Mittwoch mit Trump telefonierte, um sich die Einzelheiten des Gespräches mit Putin erläutern zu lassen, kündigte er an, den westlichen Partnern eine Liste mit Objekten zu geben, die Russland nicht angreifen dürfe. Neben Energieobjekten soll diese Liste auch Infrastruktur- und zivile Objekte umfassen, so Selenskyj.
Weniger Bewegung gibt es bei den »Aber«, die Putin bereits zuvor für einen kompletten Waffenstillstand definiert hatte. Der russische Präsident besteht weiter auf einem Aussetzen der Mobilisierung in der Ukraine und der westlichen Waffenlieferungen während der Feuerpause. Zudem fordert er die Anerkennung der Krim und der Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja als russisches Staatsgebiet.
Kiew nennt rote Linien
Für Kiew ist beides nicht hinnehmbar. »Für uns ist die Anerkennung momentan besetzter ukrainischer Gebiete als russisch eine ›rote Linie‹. Darauf lassen wir uns nicht ein«, erwiderte Selenskyj die Forderung aus Moskau. Auch der Verzicht auf westliche Waffen oder die Verkleinerung der Armee komme nicht infrage, würde beides doch letztendlich die Kapitulation bedeuten. Dennoch hoffe er, noch in diesem Jahr einen »gerechten Frieden« für sein Land zu erreichen, so Selenskyj, ohne darzulegen, wie dieser aussehen könnte.
Wie schwierig der weitere Weg sein wird, zeigen die Stunden nach dem Telefonat in der Nacht zu Mittwoch. Der Befehl zum Stopp des Beschusses ukrainischer Energieinfrastruktur kam entweder zu spät an oder wurde eine Zeit lang ignoriert. Russlands Armee meldete, sieben eigene Angriffsdrohnen auf dem Weg in die Ukraine abgeschossen zu haben. Sieben von gut 150, sagte Kiew, das Explosionen unter anderem in Sumy meldete. Putins Worte widersprächen der Realität, sagte Selenskyj am Mittwoch. Die Ukraine ihrerseits griff ein Tanklager in der Region Kuban an, was Moskau zum Vorwurf veranlasste, die Ukraine würde die Friedensinitiative der USA bewusst sabotieren.
Am Sonntag weitere Gespräche in Saudi-Arabien
Washington scheint eine Friedenslösung weiter mit Zuckerbrot und Peitsche durchdrücken zu wollen. Als »Zeichen guten Willens« stellten die USA einige Spionage-Operationen gegen Russland ein, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Trump will damit das Vertrauen in Moskau stärken. Gleichzeitig betonte die US-Regierung, an den Sanktionen festzuhalten und sie notfalls zu verschärfen. Der ukrainischen Seite wurde mit der Löschung der Suchdatenbank für vermisste und verschleppte Kinder gedroht.
Am Sonntag wollen US-Amerikaner und Russen erneut in Saudi-Arabien zusammenkommen. Auch ein Treffen zwischen Trump und Putin soll es in Kürze geben, sagte der US-Sondergesandte Steve Wittkoff im US-Fernsehen und fügte hinzu, man könne in den kommenden Wochen eine vollständige Waffenruhe in der Ukraine erreichen.
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