Ilmenau: Projektile auf ausländische Studenten geschossen

Nach Angriff in der Stadt und auf dem Campus Proteste gegen Rassismus

Ein neues IT-Dienstleistungszentrum der TU Ilmenau. Die Hochschule will ihren hauseigenen Wachschutz auf dem Campus verstärken, auch die Polizei ist dort angeblich auf Streife.
Ein neues IT-Dienstleistungszentrum der TU Ilmenau. Die Hochschule will ihren hauseigenen Wachschutz auf dem Campus verstärken, auch die Polizei ist dort angeblich auf Streife.

Nachdem ein Mann aus einem Auto ausländische Studierende mit Gummiprojektilen beschoss und leicht verletzte, gab es am Freitag Proteste in Ilmenau. Etwa 100 Menschen versammelten sich auf dem Campus der Technischen Universität und in der Innenstadt, um gegen die offenbar rassistische Gewalttat zu demonstrieren. Die Opfer stammen laut Medienberichten aus Pakistan, Indien, China, Bangladesch und Deutschland.

Am Donnerstagabend hatte mutmaßlich ein 21-Jähriger mit einer Spielzeugwaffe im Umfeld der Technischen Universität auf Passanten geschossen und dabei acht Personen leicht verletzt. Der Mann wurde laut Polizei »durch umfangreiche sofort eingesetzte polizeiliche Fahndungsmaßnahmen« als Tatverdächtiger vorläufig festgenommen, kam aus Mangel an Haftgründen aber wieder auf freien Fuß. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung eingeleitet. Die Polizei beschlagnahmte das laut Staatsanwaltschaft Erfurt verwendete »waffenähnliche Kinderspielzeug«.

In dem Fahrzeug sollen mehrere Personen gesessen haben, Berichten zufolge seien auch weitere Männer ausgestiegen und hätten wahllos auf die Menschen in der Umgebung geschossen. Bei sechs Opfern handelt es sich laut Polizei um ausländische Studierende. Ein politisches Motiv werde geprüft.

»Ich unterhielt mich gerade mit Freunden, als ich einen schwarzen Volkswagen auf der nahen Straße sah«, sagte der betroffene Student Syed R. aus Bangladesch, der seit Mitte 2024 seinen Master an der Thüringer TU macht, der »Bild«. »Plötzlich fuhr der Wagen langsamer, ich sah eine Waffe bei einem Mitfahrer und hörte drei Schüsse. Zwei Gummigeschosse trafen mich am rechten Bein in Höhe meines Knies. Es schmerzte furchtbar.«

Die Angreifer seien zunächst davongefahren, jedoch wenige Minuten später zurückkehrt und erneut geschossen. »Danach fielen sechs weitere Schüsse aus dem Auto, ehe der Fahrer mit Volldampf davonfuhr«, so der Betroffene und Zeuge Syed. »Gleich um die Ecke ist ein Supermarkt, dort knallte es erneut.«

Als Reaktion auf den Vorfall kündigte die TU Ilmenau an, ihren hauseigenen Wachschutz zu verstärken. Ob es sich bei den beschossenen Personen um dort Studierende gehandelt hat, sagte die Hochschule nicht. Auch die Polizei hat ihre Präsenz auf dem Campus angeblich erhöht.

Ilmenaus Oberbürgermeister Daniel Schultheiß, der an der Demonstration teilnahm, bezeichnete die Ereignisse als »erschütternd«, berichtet der MDR. Der Historiker und Buchenwald-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner kommentierte den Vorfall auf dem Kurznachrichtendienst X mit den Worten: »Wenn sich rassistische Hetze gegen Migrant*innen in Gewalt entlädt«.

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