Die Garage voller Plastikfiguren
Zu Besuch bei einem Playmobil-Superfan
Seine Garage hält Dennis Gebhardt autofrei. Der familieneigene Ford Fiesta muss mit dem Laternenparkplatz vorlieb nehmen. Dennis Gebhardt setzt Prioritäten, denn er ist Playmobil-Fan. Genauer gesagt: ein Superfan. Rund 2000 Exemplare dieser Plastikfiguren mit den fröhlichen Kindergesichtern hat der gelernte Feinkostverkäufer bis heute zusammengetragen. Und jedes Wochenende nach einem neuen Streifzug über die Flohmärkte werden es wieder ein paar mehr. Auch Ebay-Auktionen sorgen für Nachschub: »Andere Leute haben eine Modelleisenbahn im Keller«, sagt er, »ich sammle eben Playmobilfiguren.«
Und das schon seit 20 Jahren. Das erste Exemplar seiner Kollektion war ein Sheriff, den kriegte er als Zweitklässler geschenkt. Der Beginn einer Liebesgeschichte, die bis heute anhält. Gebhardt findet es auch keineswegs seltsam, dass ihn als erwachsenen Mann ein Spielzeug fasziniert, von dem sich die meisten mit dem Beginn der Pubertät verabschieden: »Playmobilfiguren wirken nur vordergründig simpel«, meint er. »Gerade das reduzierte Design lässt viel Raum für eigene Gestaltung. Und Playmobil bietet einen konkurrenzlosen Vorteil, den andere Modelle nicht aufweisen: Hände, Arme, Köpfe und Oberkörper lassen sich bewegen. So dass die Figuren unterschiedliche Bewegungsabläufe darstellen können.«
Die mobilen Figuren aus dem Haus geobra Brandstätter mit Sitz im fränkischen Zirndorf feiern 2009 schon das 35-jährige Jubiläum ihrer ersten Edition. Inzwischen ist das Angebot auf 600 Figuren angewachsen, die verschiedene Szenarien darstellen, von Bauernhöfen und Kliniken bis zu Römerlagern. 2006 hat Playmobil anlässlich einer Ausstellung des Europarates zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation in Magdeburg sogar eine eigene Version des bekannten Magdeburger Reiters herausgebracht.
An die zwei Milliarden Playmobilfiguren sind weltweit verkauft worden. Aneinandergereiht würden sie drei Mal um den Erdball reichen. Und eine wichtige Etappe dieser fiktiven Kette findet sich in Dennis Gebhardts Hamburger Garage, wo sich die bunten Minis zu einem ausgefeilten Biorama zusammenfinden.
Dennis Gebhardt hat ein mittelalterliches Szenario aufgebaut, vor den Mauern einer Burg marschieren Ritter auf, durch die Gassen der Stadt lustwandeln vornehme Damen. Im Hafen ankern Koggen und Schuten, draußen am Horizont drohen die Totenkopfflaggen der Piratensegler. Akribisch sortiert auf langen Regalen an den Wänden warten Figuren, die im aktuellen Arrangement keinen Platz finden. Und was sagt die Ehefrau des Fans, der vor wenigen Monaten glücklicher Vater einer Tochter geworden ist, zum Hobby ihres Mannes? »Sie kann dem nichts abgewinnen und findet das deswegen nicht so toll«, räumt Dennis Gebhardt ein. »Aber sie akzeptiert das.« Der Fiesta muss wohl weiter draußen frieren.
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