Kein Sozialplan ohne Betriebsrat
Stiftung untersuchte Arbeitnehmerschutz
»Arbeitsrechtliche Instrumentarium zum Schutz der Arbeitnehmer in der Unternehmenskrise« hat die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung untersucht. Die Rechtsanwältin Dr. Marlene Schmidt hat eine arbeitsrechtliche Bestandaufnahme über die Kurzarbeit zur Vermeidung von Entlassungen und über die Arbeitszeitkonten als Puffer bei Auftragsmangel: zusammengestellt.
Kündigungen müssten »möglichst sozialverträglich erfolgen«, erläutert Schmidt, Privatdozentin an der Goetheuniversität Frankfurt am Main, die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts. Ihre Zusammenfassung soll Beschäftigten eine Überblick über die rechtlichen Vorgaben geben, die den Arbeitnehmern nach den Erfahrungen der Anwältin nur selten bekannt seien. So griffen viele rechtliche Schutzmechanismen nur, wenn es einen Betriebsrat gibt. Ohne diesen läuft die »Verpflichtung zur Vereinbarung eines Sozialplans schlicht leer«, betont Schmidt. Beschäftigte in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern könnten jederzeit einen Betriebsrat gründen. Im Sozialplan werde auch über Umsetzungen oder Qualifizierungsmaßnahmen statt Entlassungen verhandelt. Der Interessenausgleich sieht die Möglichkeiten vor, Entscheidungen des Unternehmens infrage zu stellen. »Auf die Einrichtung einer betrieblichen Interessenvertretung sollte daher gerade in der gegenwärtigen Situation nicht ohne Not verzichtet werden«, so Schmidt. »Das Arbeitsrecht ist ein wichtiger gesellschaftlicher Stabilitätsfaktor, weil es Millionen Menschen das Gefühl von Berechenbarkeit gibt«, betont Heide Pfarr, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung. Das sei jedoch kein Komplettschutz für Beschäftigte. Entlassungen, zu denen Arbeitgeber entschlossen seien, könnten selten verhindert werden.
Die Stiftung verdeutlichte die Mängel des Arbeitsrechts. Zwar hat der Arbeitgeber »Massenentlassungen« vorher bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen. Bei gesetzlichen Eingriffen in Unternehmensentscheidungen – beispielsweise Standortschließungen – liegt die Bundesrepublik aber weit hinter anderen europäischen Ländern zurück. In Frankreich und Spanien ist stärkerer staatlicher Einfluss möglich. In den Niederlanden kann die Behörde Druck auf Unternehmen ausüben, um Schutzvereinbarungen mit der Arbeitnehmervertretung abzuschließen. Auch in Portugal gibt es weit reichende staatliche Kontrollmechanismen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.