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Ungarns Rechtsaußen paktieren mit Polizei

Politische Elite stellt sich ratlos

  • Gábor Kerényi, Budapest
  • Lesedauer: 3 Min.
Ungarns Verfassung bestimmt, dass Angehörige von Militär, Polizei und Sicherheitsdiensten keiner Partei angehören und keinerlei politische Tätigkeit ausüben dürfen. Und doch schloss eine Polizeigewerkschaft mit dem vielsagenden Namen »Tatbereit« ein Kooperationsabkommen mit der rechtsextremen Partei Jobbik.

»Jobbik« bedeutet im Ungarischen gleichermaßen »Die Besseren« wie auch »Die weiter rechts Stehenden«. Die Partei tritt offen rassistisch auf und leugnet den Holocaust. Jobbik rief vor zwei Jahren auch die Ungarische Garde als Parteiarmee nach SA-Muster ins Leben. Nur ins Parlament haben es die Rechtsaußenstürmer der ungarischen Politik noch nicht geschafft.

In dem Abkommen, das die Partei nun mit der 6000 Mitglieder starken »Tatbereiten Gewerkschaft der ungarischen Polizei« geschlossen hat, heißt es unter anderem, dass sich die Gewerkschaft darum bemühe, die Bestrebungen von Jobbik innerhalb der Polizei zur Geltung bringen. Die Generalsekretärin der Polizeigewerkschaft, Judit Szima, steht auf Platz 4 der Jobbik-Liste für die bevorstehendem EU-Wahlen. Gegen Fau Szima schwebte seit 2007 ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung. Das wurde jedoch in der vorigen Woche – am selben Tag, als die Gewerkschaft ihr Abkommen mit Jobbik schloss – vom Hauptstädtischen Gerichtshof eingestellt. Begründung: Frau Szima trete bei den EU-Wahlen an und ihre Immunität sei vom Landeswahlkomitee nicht aufgehoben worden.

Die Aufregung um das Abkommen ist groß, doch die gesamte ungarische Elite stellt sich ratlos. Die Polizeigewerkschaft hatte nämlich zuvor die Meinung der zuständigen Staatsanwaltschaft eingeholt, und die sah in einem Abkommen mit einer legalen Partei überhaupt kein Problem. So begnügt sich der Landespolizeichef denn auch damit, die Angelegenheit für bedenklich zu erklären. Ferenc Juhász, Präsidiumsmitglied der regierenden Sozialistischen Partei, meinte gar, in einer funktionierenden Demokratie sei nichts Außergewöhnliches darin zu sehen, wenn eine Partei und eine Gewerkschaft zusammenarbeiten. Zu prüfen sei in diesem speziellen Fall lediglich die Verfassungsmäßigkeit des Abkommens. Der zuständige Minister hat entsprechende Untersuchungen mittlerweile zugesagt, schweigt aber ansonsten. Der Bund Freier Demokraten (SZDSZ) reagierte zwar eindeutiger, hielt es jedoch für eine Kinderkrankheit der jungen ungarischen Demokratie, dass die Behörden schwerfällig reagieren.

Die national-konservative Partei Fidesz, Ungarns größte Oppositionspartei, brachte es nicht einmal zustande, die Gewerkschaft »Tatbereit« und die Partei Jobbik in ihrer Erklärung namentlich zu nennen. Sie beließ es bei der Feststellung, dass eine direkte Einmischung der Parteipolitik in die Exekutive abzulehnen sei. Die Strategie der Fidesz gegenüber Jobbik, auf deren Mühlen sie selbst das Wasser treibt, besteht seit langem darin, sich von Rechtsverletzungen formal zu distanzieren.

Frau Szima reagierte auf die »Welle der Anschuldigungen«, wie sie es nannte, indem sie wissen ließ, dass ihre Gewerkschaft mit allen Parteien ein Abkommen zu unterschreiben bereit sei, doch sei daran im Moment eben allein Jobbik interessiert. Ihrer Gewerkschaft gehe es lediglich um mehr Ordnung in Ungarn und um mehr Anerkennung für diejenigen, die bereit sind, diese Ordnung zu vertreten. Die innerpolizeiliche Untersuchung der Frage, ob das gewerkschaftliche Abkommen verfassungskonform sei, hält sie für gesetzwidrig, weil das Aufsichtsrecht über Gewerkschaften in Ungarn nicht bei der Polizei liege. Die Ankündigung einer internen Untersuchung zeige eben, dass die Führer des Landes dessen Verfassung und die Gesetze nicht kennen. Sie sei übrigens Mitglied in keiner Partei und habe inzwischen auch ihr Dienstverhältnis ausgesetzt.

Die Mitgliederzahl der Gewerkschaft »Tatbereit« wuchs innerhalb der vergangenen Woche um drei Prozent. In welchem Tempo die Unterwanderung der ungarischen Exekutive durch die Rechtsradikalen weiter voranschreiten wird, hängt unterdessen davon ab, ob sich die politischen Eliten doch noch dazu durchringen können, politisch und rechtlich dagegen einzuschreiten.

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