Im Vergangenen den Funken der Hoffnung entfachen
Hamburg: Gedenkstätte Ernst Thälmann feiert ihr 40-Jähriges
Die GET sei unlängst von einer bürgerlichen Zeitung als »letzte Insel des Kommunismus« bezeichnet worden, sagte der Kuratoriumsvorsitzende Hein Pfohlmann am Samstag in seiner Eröffnungsrede im bis auf den letzten Platz gefüllten Ernst-Thälmann-Haus. »Aber wir waren nie isoliert, sondern stellen einen Zusammenhang zwischen Thälmanns Zeit und der Gegenwart her. Der Kampf gegen den Neofaschismus und Revisionismus ist uns eine Herzenssache.«
Gedenktage sollten laut Ernst Thälmann »Richtlinie und Leitfaden sein für den Klassenkampf und die Aktion«, verkündete der zweite Vorsitzende des GET-Trägervereins Michael Sommer emphatisch. Der 32-jährige Autor, Bühnenarbeiter und Betriebsrat ist im März in das Leitungsgremium gewählt worden. »Gegen die herrschende Meinung, die seit je die Meinung der Herrschenden ist, kommen wir im Moment kaum an«, räumte Sommer ein. Aber es müssen Zeichen gesetzt werden, forderte er seine Genossen auf, und präsentierte sogleich die druckfrische Publikation »21 Hamburger Kommunistinnen und Kommunisten«, die anlässlich des Jubiläums erschienen ist. Die 35-Seiten starke Broschüre enthält Biogramme von Arbeitern, Klassenkämpfern und Antifaschisten, die während der NS-Zeit politisch verfolgt wurden.
Auch DKP-Vorsitzender Heinz Stehr betonte die Notwendigkeit, »in Zeiten von rapiden Sozial- und Demokratieabbau, neuer imperialistischer Kriege und Militarisierung der Innenpolitik« die Geschichte gegen den Strich zu bürsten. »Das funktioniert aber nur, wenn die Linken ihre Kräfte bündeln.« In seiner Gastrede kritisierte Stehr auch das Anpassungsbedürfnis des Realo-Flügels der LINKEN an den Zeitgeist, der nicht zuletzt durch einen virulenten Antikommunismus geprägt sei. Aus diesem Grund käme den Gedenkstätten als »Orten des Widerstands gegen Geschichtslügen über den Kommunismus« eine besondere Bedeutung zu, ergänzte Gerd Hommel, Vorsitzender des 1995 unter Mitwirkung von Thälmanns Tochter Irma Gabel-Thälmann gegründeten Revolutionären Freundschaftsbundes, der für die Feier eine Abordnung aus Dresden und Berlin geschickt hatte.
Die Mission der Verteidigung der Wahrheit und »im Vergangenen den Funken der Hoffnung zu entfachen« (Walter Benjamin) ist der Matrix der Geschichte des Thälmann-Hauses eingeschrieben: 1929 hatte der KPD-Vorsitzende in dem Eckhaus im Hamburger Stadtteil Eppendorf eine Wohnung gemietet, in der er bis zu seiner Verhaftung 1933 lebte. 1968 mieteten DKP-Mitglieder zunächst eine ehemalige Schusterwerkstatt in dem Gebäude an – später kamen weitere Räume dazu –, um die kollektive Erinnerung an einen der charismatischsten Repräsentanten der Kommunistischen Internationale zu bewahren.
»In den Jahren des KPD-Verbots war das Thälmann-Gedenken ein Risiko für die illegal arbeitenden Genossen«, erinnert sich GET-Vorstand Pfohlmann. »Und trotzdem, wie ich selbst in früher Kinderzeit im Arm meiner Eltern erlebte, begleitet von den Rufen der Polizei ›Weitergehen, weitergehen, nicht stehen bleiben!‹ wurden die Ehrentage von ›Teddy‹, wie die Alten ihn liebevoll nannten, immer wieder durchgeführt.«
1969 eröffneten Kampfgefährten Thälmanns die Gedenkstätte für ihren 1944 im KZ Buchenwald ermordeten Kameraden mit einer Kundgebung vor mehreren Tausend Hamburgern. 1985 wurde die Fläche vor dem Haus durch einen von SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi angeregten Senatsbeschluss in Ernst-Thälmann-Platz umbenannt. Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Trägerverein, der erst 1974 als gemeinnützig anerkannt wurde, Miteigentümer des Hauses.
Der Festakt am Samstag klang mit der Ehrung verdienter Mitglieder des Kuratoriums und Freunde der GET aus. Ein Höhepunkt ist morgen die Kranzniederlegung anlässlich des 65. Jahrestages der Ermordung Thälmanns.
Nähere Informationen: www.thaelmann-gedenkstaette.de
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