Urnengang wird zum Gewalt-Marsch
Vor den Wahlen eskaliert in Afghanistan der Terror / Obama: Langer Kampf gegen Taliban
Kabul (Agenturen/ND). Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul starben am Dienstag mindestens zehn Menschen und mehr als 50 weitere wurden verletzt, nach Angaben der NATO-Truppe ISAF waren auch ausländische Soldaten unter den Opfern. Zuvor hatten radikal-islamische Taliban, die zum Boykott der Wahl aufrufen, Raketen auf die Hauptstadt abgefeuert und unter anderem den Präsidentenpalast getroffen.
Der Attentäter sprengte sich nach Polizeiangaben auf einer belebten Hauptstraße im Osten der Hauptstadt in die Luft. Der Anschlag, zu dem sich die Taliban bekannten, richtete sich gegen einen Konvoi der internationalen Truppen, wie ein Polizeivertreter sagte. Da die Bombe in der Nähe eines Basars hochging, seien zahlreiche Zivilisten unter den Opfern. Nach UN-Angaben wurden auch zwei Mitarbeiter der Vereinten Nationen getötet, ein weiterer erlitt Verletzungen.
Nach Angaben von Sicherheitsvertretern waren zuvor zwei bis drei Raketen auf Kabul abgefeuert worden. Ein Geschoss schlug am Rande des Präsidentenpalastes ein.
Im Norden Afghanistans wurden am Dienstag erneut deutsche Soldaten der NATO-Truppe ISAF angegriffen. Wie das Einsatzführungskommando in Potsdam mitteilte, wurden gegen 6.40 Uhr Ortszeit etwa sechs Kilometer südwestlich des Feldlagers in Kundus mehrere Angehörige des Regionalen Wiederaufbauteams mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrwaffen beschossen. Die deutschen Soldaten blieben demnach unverletzt und erwiderten das Feuer. Über Opfer auf gegnerischer Seite lagen zunächst keine Informationen vor. Ein beschädigter Transportpanzer vom Typ Fuchs sei in das Feldlager zurückgebracht worden.
Nach Einschätzung der ISAF sind die Taliban so stark wie nie seit dem Sturz ihres Regimes vor knapp acht Jahren. »Die Lage hier ist ernst«, sagte ISAF-Kommandeur Stanley McChrystal in einem Gespräch mit deutschsprachigen Medien am Dienstag in Kabul. »Der Aufstand ist gewachsen.« Zugleich hätten zwar auch die Fähigkeiten der afghanischen Regierung zugenommen. »Aber wir haben hier eine echte Herausforderung für die Souveränität und das Volk Afghanistans.« Trotzdem betonte der US-General: »Ich denke nicht, dass wir diesen Wettbewerb an den Aufstand verlieren werden.«
Die afghanische Regierung forderte die einheimischen und internationalen Medien auf, am Tag der Präsidentschaftswahl nicht über gewaltsame Zwischenfälle im Land zu berichten. Zwischen 6 und 20 Uhr am Donnerstag solle die Aussendung von Berichten über jegliche gewaltsamen Zwischenfälle unterlassen werden, teilte das Außenministerium am Dienstag mit. Einen entsprechenden Beschluss habe der Nationale Sicherheitsrat gefasst, um eine möglichst breite Teilnahme der Afghanen an der Wahl zu sichern und Terroranschläge zu vermeiden. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, es gebe keine Konsequenzen für Journalisten, die sich nicht an die Aufforderung hielten. Es sei lediglich ihre »ethische Verantwortung«, dem Folge zu leisten.
US-Präsident Barack Obama schwor sein Land derweil auf einen langen Kampf gegen Taliban und andere Rebellen in Afghanistan ein. »Wir werden sie nicht über Nacht besiegen«, sagte Obama vor Kriegsveteranen im US-Staat Arizona. Zugleich verteidigte er den Einsatz am Hindukusch als »grundlegend für den Schutz des amerikanischen Volkes«.
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