US-Krieg gerät zunehmend in die Vietnam-Falle

US-General präsentiert neue Strategie für einen »Sieg« in Afghanistan – samt Kraftfahrer-Direktive

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
»Die Lage in Afghanistan ist ernst, doch ein Erfolg zu schaffen«, meint Stanley McChrystal, Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan. Man müsse jedoch die Strategie grundsätzlich ändern. Gefordert seien zudem mehr Entschlossenheit, bessere Koordination und – man glaubt es kaum – diszipliniertes Verhalten im Straßenverkehr.

Als US-Präsident Barack Obama zu Wochenbeginn von seinem Kurzurlaub ins Weiße Haus zurückkehrte, fand er eine brandneue vertrauliche Afghanistan-Analyse vor. Sie kann ihm nicht gelegen kommen, denn General McChrystal, der den Bericht verfasst und mit dem Regionalkommandeur David Petraeus abgestimmt hat, macht indirekt klar, dass er mehr und vor allem besser ausgebildete und disziplinierte Soldaten braucht.

Doch der Krieg wird in den USA immer unpopulärer. 47 US-Soldaten kamen allein im August um. Es war der bislang blutigste Monat seit dem Überfall auf Afghanistan vor acht Jahren.

Die »New York Times« sprach in der vergangenen Woche davon, dass Afghanistan für Obama das werden könnte, was Vietnam für einen Vorgänger im Amt – Lyndon B. Johnson – wurde: Ein Fiasko. Derzeit sind rund 100 000 ausländische Soldaten in den Afghanistan-Krieg kommandiert. 21 000 US-Soldaten hat Obama bereits den Marschbefehl gegeben, so dass bis zum Jahresende 68 000 US-Krieger am Hindukusch sein werden. Die sollten, so die neue Strategie, nicht in entlegenen Gebieten Taliban-Kämpfer töten, sondern in bevölkerungsreichen Regionen das Vertrauen afghanischer Zivilisten gewinnen. Zu dem neuen Ansatz gehört wohl auch eine forcierte Ausbildung der afghanischen Soldaten und Polizisten.

Vertrauensgewinn beginnt im Kleinen. General McChrystal erließ daher gerade eine »Driving Directive«. Die Anweisung beschreibt, wie sich die ausländischen Truppen im Straßenverkehr zu verhalten haben. Zitat: »Ich erwarte, dass ISAF-Angehörige so fahren, dass sie die Sicherheit und das Wohlergehen der afghanischen Bevölkerung respektieren.« Das jedoch widerspricht den »Rules of Engagement«. Zahlreiche Hinterhalte in urbanen Gebieten lassen auch deutsche Soldaten – wie Todesschüsse belegen – zuerst an die Eigensicherung denken.

Eine weitere Steigerung der US-Truppenstärke wird Obama nicht riskieren wollen, also müssen Verbündete ran. Aber auch in Großbritannien verstärkt sich – medial intensiv unterstützt – öffentlicher Unmut gegen den Afghanistan-Einsatz, in dem bislang über 200 Briten gefallen sind. Das sind bereits jetzt mehr Tote, als im Irak-Krieg zu beklagen waren.

Zwar widerspricht Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) noch der Einschätzung von General McChrystal, wonach die Taliban in weiten Teilen die Herrschaft zurückerobert hätten, doch nach der Bundestagswahl wird Deutschland aufgefordert sein, die Obergrenze von 4500 Soldaten zu erhöhen. Die Bündnistreue wird schwer zu beweisen sein – bereits jetzt fehlen Spezialisten und vorhandene Kriegstechnik lässt sich mangels Ersatzteil-Nachschub nicht einsetzen.

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